Dark Forest zeigt, wie eine Blockchain Online-Games voranbringen kann

Seite 2: Spiel mit modernster Kryptographie

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Den Machern von Dark Forest war schnell klar, dass sie eine Blockchain verwenden müssten, um das Spiel zum Laufen zu bringen. Es sollte nämlich so aufgebaut sein, dass jeder überprüfen kann, ob "das mathematische Protokoll, das dem Spiel zugrunde liegt, korrekt befolgt wird", sagt Gubsheep. Er räumt ein, dass es technisch möglich gewesen wäre, das Spiel für einem herkömmlichen Server zu programmieren, so dass die gesamte Historie einsehbar gewesen wäre, einschließlich aller Zero-Knowledge-Proofs – "aber an diesem Punkt fängt man im Grunde an, eine Blockchain zu bauen."

Das Ergebnis von Gubsheep und seinen Freunden ist aber nicht nur ein von der Science-Fiction inspiriertes Spiel mit modernster Kryptografie. Was sie entwickelt haben, deutet neue Möglichkeiten an, mit denen sie nicht gerechnet haben. Dark Forest ist das bisher komplizierteste Blockchain-Spiel und das erste seiner Art mit dem, was Spieltheoretiker "unvollständige Informationen" nennen.

Wenn ein neuer Spieler oder eine neue Spielerin zum ersten Mal in Dark Forest ankommt, ist der größte Teil des Universums – einschließlich potenziell feindlicher Gegner – verborgen. Die verborgenen Bereiche werden erst sichtbar, wenn der Spieler sie erkundet. Jedes Mal, wenn die Spielenden sich bewegen, senden sie einen Beweis an die Blockchain, dass die Bewegung gültig ist, allerdings ohne ihre Koordinaten im Universum preiszugeben. Seit Februar 2020 haben mehr als 10.000 Menschen Dark Forest gespielt. Einige von ihnen, wie der Softwareentwickler Nalin Bhardwaj, haben sich von den technischen Grundlagen des Spiels dazu inspirieren lassen, weitere Spiele auf Basis von Zero-Knowledge-Proofs zu entwickeln. Für sie ist Dark Forest ein Beispiel dafür, wie fortschrittliche Kryptografie eingesetzt werden kann, um Online-Welten um neue Funktionen zu erweitern. Sie sehen Dark Forest außerdem als den ersten Schritt in Richtung reichhaltiger digitaler Realitäten – Stichwort Metaverse –, die von dezentralen Netzwerken und nicht von Firmenservern betrieben werden.

Gubsheep und andere haben inzwischen eine Forschungs- und Entwicklungsorganisation namens 0xPARC (eine Anspielung auf PARC, das berühmte Forschungs- und Entwicklungsunternehmen, das Xerox vor 40 Jahren gegründet hat) gegründet, um die Entwicklung weiterer digitaler Realitäten und Anwendungen zu unterstützen. Bhardwaj hat selbst kürzlich ein Praktikum bei 0xPARC absolviert.

0xPARC beschäftigt sich dabei nicht nur mit der Weiterentwicklung von Zero-Knowledge-Proofs. Die Macher von Dark Forest glauben zwar, dass der Einsatz von Kryptografie im Spiel wirklich innovativ sei. Ein noch überzeugenderer Beweis für das Konzept aber sei dessen "autonome" Spielwelt – eine Online-Umgebung, die niemand kontrolliert und die nicht abgeschaltet werden kann. Bislang existiert Dark Forest in temporären Instanzen, die Runden genannt werden und zwischen einer und zwei Wochen dauern.

Da Dark Forest jedoch vollständig auf sogenannten Smart Contracts in der Blockchain basiert – quasi kleine Computerprogramme, die in der Blockchain selbst gespeichert und ausgeführt werden – könnte die Welt von Dark Forest so eingerichtet werden, dass sie von niemandem gestoppt werden kann, sagt der Informatiker und 0xPARC-Mitbegründer Justin Glibert: "Man könnte es sich wie einen Minecraft-Server vorstellen, nur dass er nicht abgeschaltet werden kann", sagt er.

Sobald ein intelligenter Smart Contract eingesetzt wird, ist er ein bisschen wie ein Roboter, der im digitalen Raum lebt und ewig laufen kann. Solange der Ersteller keinen Mechanismus installiert, mit dem das Programm abgeschaltet werden kann, läuft es so lange weiter, wie das Netzwerk existiert. In diesem Fall, so Glibert, wäre die virtuelle Welt "eher ein digitaler Planet" als ein Spiel. Was auf diesen Planet passiert? Das liegt ebenfalls im Ermessen der Spielenden: Jeder kann Dark Forest nämlich kostenlos kopieren, verändern und weiter ausbauen. Die Blockchain macht's möglich.

(jle)