Der Also-Actebis-Merger lässt die Branche kalt
Die Augen sind auf Straubing und Soest gerichtet – weniger angstvoll, dafür aber mit Neugierde. Denn Also und Actebis müssen die Geschäfte erst zu einem neuen "Multi" zusammenlegen. Die Konkurrenz wartet ab, welches Gebilde dabei entsteht.
Eine Mega-Fusion wie der Merger von Actebis und Also bringt die Distributionslandschaft ordentlich ins Wanken und schlägt hohe Wellen in der Branche. Schließlich entsteht mit dem neuen Konzern Also-Actebis ein Broadline-Riese, der die alte Ordnung unter den größten ITK-Grossisten durcheinander bringen wird. Mit mehr als 6,8 Milliarden Euro Umsatz positioniert sich der neue Multi unter den Distributoren auf Platz drei in Europa. Michael Dressen, der für die Geschäfte in Deutschland und Österreich verantwortlich ist, stapelt gern etwas tief, wenn er feststellt: "Ob man dabei die Nummer drei oder zwei ist, ist aus Kundensicht überhaupt nicht relevant. Das wir ein wichtiger Player in Europa sind, mag von Interesse sein. Insofern ist das für uns überhaupt keine Zielsetzung, ob wir die Nummer eins, zwei oder drei sind".
Das mag aus Kundensicht sicherlich zutreffen. Doch ganz so gleichgültig, wie Dressen dies im Gespräch mit heise resale darstellt, ist die Positionierung innerhalb der Großen unter den Größten nicht. Hat doch bereits der Verwaltungsratspräsident Thomas C. Weissmann von der "neuen starken Nummer drei in Europa" gesprochen, um gleich noch darauf hin zu weisen, dass man es bei Also-Actebis mit dem "größten rein europäischen Distributor" zu tun habe. Und so ganz nebenbei schielt man natürlich auf den relativ geringen Abstand zum Zweitplatzierten in Europa: Ingram Micro.
"Ich warte seit zehn Jahren auf eine Konsolidierung"
BegrĂĽĂźt die lange erwartete Konsolidierung: Ingram-Chef Gerhard Schulz
Dort reagiert man relativ gelassen auf das Geschehen am neuen Konzernsitz von Also-Actebis im schweizerischen Hergiswil. Zumindest Gerhard Schulz, Senior Vice President Cental & Eastern Europe und Pan European Business Unit bei Ingram Micro, gibt sich locker bei der Frage nach dem neuen Distributionsschwergewicht. "Ich habe sowohl die Also wie auch Actebis immer als ernsthafte Wettbewerber wahrgenommen. Daran ändert sich erst einmal nichts". Aber von einer ernsthaften Gefahr für Ingram mag er überhaupt nichts wissen. Denn zuerst müssten die beiden Unternehmen zu einer Einheit zusammengeführt werden, Aufgaben und Geschäftsbereiche geordnet werden. "Im Grunde warte ich seit zehn Jahren darauf, dass sich die Distribution konsolidiert." Nun sei mit der Zusammenführung von Also und Actebis ein Schritt in diese Richtung getan. Drei große Distributoren und einige Nischendistributoren, das sei die richtige Mischung für den ITK-Markt in Deutschland. Dazu noch ein paar Distributoren mittlerer Größe.
Der Tech Data-Führung ist nicht Bange: Isabelle Roux-Buisson und Simone Frömming
Auch bei Tech Data betrachtet man eine Konsolidierung unter den Distributoren als durchaus sinnvoll. Auf Also-Actebis angesprochen, stellten Deutschland- und Österreich-Chefin Isabelle Roux-Buisson sowie Broadline-Geschäftsführerin Simone Frömming fest: "Was größer wird, muss nicht schneller sein." Dieser These begegnet Michael Dressen mit der Bemerkung, dass "wir durch Flexibilität und Schnelligkeit bei wichtigen Entscheidungen punkten können, wie ich in vielen Kundengesprächen immer wieder höre". Denn, so Dressen weiter: "Im Prinzip interessieren sich die Kunden nicht sonderlich für die Größe eines Distributors. Vielmehr brauchen sie Service und Flexibilität. Daran werden wir auch als fusioniertes Unternehmen festhalten". Auf jeden Fall aber beobachten die beiden Tech-Data-Managerinnen das Geschehen an den deutschen Also-Actebis Standorten Straubing und Soest. Aber Bange mache ihnen die neue Allianz nicht. "Wir sind gut aufgestellt, blicken auf eine gute Geschäftsentwicklung", betont Roux-Buisson. Der Also-Actebis Chef für Deutschland und Österreich wiederum kontert auf die Frage, ob er bereits Druck aus Straubing und Soest spüre, mit der knappen Bemerkung: "Ingram und Tech Data werden uns sicherlich genau beobachten. Aber ich spüre keinen Druck".
Kaum Einfluss auf VADs und Volumen-Distribution
Die Distributionslandschaft wird durch die Megafusion sicherlich nicht in ihren Grundfesten erschüttert. Davon ist auch Gerhard Hundt, Geschäftsführer Avnet Technology Solutions, überzeugt. Es werde zwar Verschiebungen geben, aber davon werden eher die Broadline-Distributoren betroffen sein, als beispielsweise die Value Added Distribution. Denn trotz aller Versuche, wie beispielsweise Actebis Peacock mit Value Added den VADs Paroli zu bieten, sieht Hundt darin keine existenzielle Gefahr für die Spezialisten.
Ebenfalls wenig Einfluss auf das eigene Geschäft erwartet Björn Siewert vom künftigen Also-Actebis Konzern: "Die Broadliner sind eine andere Kategorie. Das wird sich kaum auf die mittlere Distribution auswirken". Ebenso rechnet der Geschäftsführer von Siewert & Kau nicht damit, dass es zu Verschiebungen in den Absatzkanälen kommen könnte. So setzt der Distributor, ebenso wie Also und Actebis, sehr viel Ware über den Retail ab. "Kunden wie der Retail haben kein gesteigertes Interesse daran, nur von einem oder sehr wenigen Partnern abhängig zu sein. Außerdem bestimmen am Ende auch die Hersteller mit, über wen die Ware wohin distribuiert wird". Für Dressen wiederum komme es bei der Zusammenarbeit mit den Herstellern auch auf paneuropäische Vereinbarungen an. Und da sei die Reaktion der Lieferanten auf den Zusammenschluss der beiden Distributoren positiv ausgefallen. "Einige Hersteller haben immer noch Modelle, wo es auch um Volumenabnahmen geht. Da befinden wir uns jetzt auf Augenhöhe mit den beiden 'Amerikanern' – also Ingram und Tech Data. Das war in der Vergangenheit nicht der Fall".
Lesen Sie hierzu auch das Interview mit Also-Actebis-Chef Michael Dressen:
(map)