DevOps in Unternehmen etablieren

Seite 3: Wellen der DevOps-Einführung

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"Gemeinsame Serviceverantwortung entwickeln" – das ist das Motto der frühen DevOps-Einführung in Unternehmen. Die Grundlage der DevOps-Implementierung bilden ein einzelner oder einige wenige geeignete Services. Hierfür bieten sich innovative IT-Anwendungen aus den Bereichen Internet und Mobile Computing an, die mit marktgängigen Plattformen (.NET, Java EE) realisiert sind und etablierte Softwarearchitektur-Muster verwenden. Komplexe Mainframe- und Legacy-Anwendungen, die meistens auf mehrere Jahrzehnte IT-Betrieb "zurückblicken", sind ungeeignet. Ebenso sollte das regulatorische und gesetzliche Umfeld, in dem die betreffenden Services entwickelt und betrieben werden, keine zu komplexen und restriktiven Vorgaben an die Gestaltung der IT-Governance stellen.

Dabei wird ein pragmatischer Ansatz der Einführung verfolgt: Um ein gemeinsames Serviceverständnis zu entwickeln, ist es im ersten Schritt nicht notwendig, direkt organisatorische Fakten zu schaffen. "Virtuelle Teams", in denen Teile von Entwicklung und Betrieb zeitlich befristet zusammenarbeiten, haben sich in der Praxis bewährt.

Organisatorischer Wandel ist das grundlegende Thema, auf dem DevOps aufbaut. Am Ende der ersten Einführungswelle haben alle Beteiligten ihre Erfahrungen damit gemacht, wie die Organisation auf diesen Wandel reagiert. Gelingt es, die eingefahrenen Abläufe und Denkweisen zu ändern? Ist der Sprung über den Schatten möglich? Das Wissen, das in der ersten Phase gewonnen wird, beeinflusst den weiteren DevOps-Weg – bis hin zur Erkenntnis, dass die gewünschten neuen Strukturen die bestehende Organisation überfordern.

Auf Basis des in Welle 1 konzipierten und erprobten DevOps-Blueprint rollen die Teams DevOps im zweiten Schritt weiter aus und verankern das Konzept tiefer in der Organisation. Dazu wählen die Verantwortlichen einen repräsentativen Querschnitt aus dem Portfolio der IT-Services aus. Für diese Auswahl werden DevOps-Teams aufgebaut. "Hotspots" für die Auswahl geeigneter IT-Services sind Prozesse, die von der neuen Art der Zusammenarbeit besonders profitieren. Das Geschäftsmodell und die Untersuchung der IT-Organisation liefern Anhaltspunkte für die Suche: An welchen Stellen sind häufiger Änderungen an der Unternehmenssoftware umzusetzen? Wo muss das Unternehmen schnell mit Lösungen auf dem Markt sein? Wo in der Ablauforganisation treten Hemmnisse auf, die zu mangelnder Servicequalität führen? Die Antworten auf diese Fragen liefern Hinweise darauf, wo sich DevOps-Potenzial verbirgt, das sich schnell realisieren lässt.

Gleichzeitig zementiert das Management die organisatorischen Änderungen: Aus zeitlich befristet angelegten virtuellen Teams werden feste "Entwicklungs- und Betriebseinheiten". Die IT-Teams nehmen jetzt nicht nur organisatorisch, sondern auch technologisch umfangreiche Umbauarbeiten vor. Eine wichtige Rolle spielt die Vereinheitlichung von IT-Infrastrukturen und Anwendungsentwicklungsprozessen. Um Entwicklungs-, Test- und Staging-Umgebungen schnell bereitstellen zu können, ist die Standardisierung und Virtualisierung von IT-Ressourcen eine notwendige Voraussetzung. Welle 2 ist der Einstieg in die Automatisierung der gesamten Wertschöpfungskette entlang der Kette aus Entwicklung, Inbetriebnahme und Betrieb. Am Ende stehen vollautomatisierte Deployment-Prozesse für einzelne Anwendungen und Services, die die "Handarbeit" auf das notwendige Minimum reduzieren. Das senkt einerseits die Fehlerquote im Release-Prozess und hilft andererseits dabei, entstandene Fehler schneller tilgen zu können.

Die Teams führen all diese Änderungen und Anpassungen "bei laufendem Motor" aus. Denn bei allem Willen zur Veränderung: Die Leistungserbringung des aktuellen Serviceportfolios muss jederzeit sichergestellt sein. Nur dann wird das Management das Thema DevOps-Einführung so unterstützen, wie es notwendig ist.

Die Umstrukturierung des verbleibenden Teils des Serviceportfolios, der für das DevOps-Konzept geeignet ist, ist ein wichtiges Element der letzten Phase. Ziel ist nicht die hundertprozentige Durchdringung aller IT-Management-Strukturen, sondern die am Geschäftsnutzen orientierte Umstellung mit Augenmaß. Auf der technischen Seite wird die Automatisierung der Abläufe flächendeckend ausgebaut. Die IT-Experten führen auf Basis einer standardisierten IT-Infrastruktur Self-Services für das Deployment von Entwicklungs- und Testumgebungen, einschließlich der erforderlichen Testdaten, ein.

Zwei Punkte sind bei der Auswahl geeigneter Services zu beachten: Erstens gilt es, diese Entscheidung nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen IT-Struktur zu treffen. Werden mittel- und langfristige IT-strategische Überlegungen einbezogen, kann dies das DevOps-Serviceportfolio verändern. Ein Thema wie die Analyse und Auswertung großer Datenmengen (Big Data) mag heute noch nicht die Bedeutung haben, um für DevOps in Frage zu kommen. In den kommenden Jahren entwickelt Big Data aber eventuell das Potenzial, zu einer Säule des Geschäftsmodells zu werden. Dann sollten jetzt schon die richtigen Grundlagen dafür gelegt werden.

Der zweite Punkt ist technischer Natur: Innerhalb einer Unternehmens-IT gibt es zahlreiche Verflechtungen zwischen den verschiedenen Services. Diese Interdependenzen, die sich durch gemeinsame Infrastrukturen oder eng gekoppelte Softwarearchitekturen ergeben, sind bei der Serviceauswahl zu beachten. Eventuell muss, wer Service A sagt, auch Service B sagen. Service Level Agreements zurren die gemeinsame Serviceverantwortung von Entwicklung und Betrieb fest: Was als virtuelles Team beginnt, wird nun zur Organisationseinheit.

Gewohnte Arbeitsweisen in Frage zu stellen, über Jahre erlernte Konzepte aufzugeben, das reflexartige Denken in den Kategorien "Wir" und "Die" über den Haufen zu werfen: Die Einführung und das Leben von DevOps verlangen Mitarbeitern einiges ab. Die Gefahr besteht, dass sich gerade in der ersten Zeit nach Welle 3 wieder herkömmliche Verhaltensweisen einschleichen. Während des gesamten Einführungsprozesses und auch darüber hinaus ist das sehr wohl zu berücksichtigen.