Die 5 wichtigsten Technologietrends

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Wie kann ich einem Geschäftspartner vertrauen, den ich nicht kenne? Die Antwort: mit Blockchain.

"Blockchain hat riesiges Potenzial."

"Die Zweifel an Blockchain wachsen."

Das Bemerkenswerte an diesen Aussagen: Sie stammen beide von der Unternehmensberatung McKinsey, dazwischen liegen weniger als zwei Jahre, die zweite stammt von Anfang des Jahres. So schnell hat es noch kaum eine vielversprechende Technologie vom Hype zur Ernüchterung geschafft. Wie konnte das passieren?

Im Aufmerksamkeitssog um die virtuelle Währung Bitcoin, die auf Blockchain-Technologie basiert, hat das Thema großes Interesse erzeugt. Vor allem neue Finanzdienstleister glaubten, große Banken und Versicherungen ausschalten und durch die Blockchain ersetzen zu können. Die sorgt für vertrauenswürdige Transaktionen sowie deren Verschlüsselung und Speicherung. Blockchain ist eine Art digitales Buchführungssystem, in dem automatisch Informationen wie Verträge, Geldflüsse und vieles mehr dokumentiert wird. Allerdings geschieht diese Buchführung nicht zentral auf einer Plattform, etwa einer Bank, sondern verteilt auf viele Netzteilnehmer. Jeder "Knoten" des Netzes – das heißt jeder Computer eines Teilnehmers – erhält eine Kopie des Vorgangs. Kommt es zu Unstimmigkeiten, gibt es hunderte Zeugen, die den Vorgang überprüfen können.

Diese Hoffnung hat sich bisher so nicht erfüllt. "Man hat eingesehen, dass Blockchain für viele Anwendungen nicht sinnvoll ist", sagt Antonio Notholt, Professor für Regelungstechnik an der Hochschule Reutlingen und Sprecher des Labors für Distributed Ledger (Verteilte Buchführung) Technologies, in dem sich zehn Professoren der Hochschule zusammengeschlossen haben, um Blockchain und alternative Verfahren in die Anwendung zu bringen. Notholt ist optimistisch, dass das gelingen wird, vor allem in der Industrie.

Gerade das Internet der Dinge ist geradezu prädestiniert dafür. Eine Anwendung sind smarte Verträge zwischen den Marktteilnehmern. Beispiel: Eine Person betreibt ein Blockheizkraftwerk und verkauft Strom an eine zweite Person. Beide kennen sich nicht, die erste Person möchte aber sicher sein, dass sie das Geld von der zweiten Person bekommt. "Blockchain ist immer interessant, wenn man Geschäftspartner nicht gut kennt, sie schafft Vertrauen", erläutert Notholt.

Ein weiterer Vorteil: Einmal in die Blockchain geschrieben, können Daten nicht mehr verändert werden. Das hat viele Vorteile: Man kann damit die Herkunft eines Kleidungsstücks verfolgen, ob die Kühlkette von gefrorenen Lebensmitteln unterbrochen war oder ob der Kilometerstand eines Gebrauchtwagens manipuliert wurde. Jedes Mal, wenn etwa ein Kleidungsstück auf seinem langen Weg zum Käufer umgeladen wird, meldet es seinen Ort in die Blockchain. Ebenso meldet der Tacho des Autos regelmäßig seinen Kilometerstand.

Für die Industrie ist das eine interessante Basis für sichere Geschäftsprozesse und den Schutz von Knowhow. So könnte ein deutsches Unternehmen einen verschlüsselten Auftrag über die Blockchain an eine Fabrik in China schicken. Die Maschine entschlüsselt den Auftrag und fertigt die bestellte Anzahl Teile, aber kein einziges mehr, denn dann verfällt der Schlüssel. Weil die Steuerdaten für die Maschine nicht in der Maschine, sondern in der Blockchain gespeichert werden, kann der Betrieb in China diese Informationen nicht auslesen.

Eine andere Anwendung, interessant vor allem für die Automobilindustrie: Zu jedem Teil muss der Zulieferer Informationen aus der Qualitätsprüfung in die Blockchain schreiben. So kann der Empfänger sehen, ob alle Anforderungen erfüllt sind, eine Manipulation ist nicht möglich.

Gemeinsam mit Bosch richtet Antonio Notholt demnächst einen Hackathon aus, bei dem Studenten Ideen auf Basis von Blockchain für Elektroautos entwickeln können. Eine Anwendung könnte die automatische Bezahlung sein, wenn man an der Steckdose eines Bekannten Strom tankt. Oder wenn Elektroautos künftig Energie auch ins Netz zurückspeisen dürfen. Notholt: "Viele Firmen finden Blockchain interessant, trauen sich aber nicht. Wir wollen ihnen die Angst nehmen."

Das will auch die Deutsche Energie-Agentur dena. In einer Studie kommt sie zu dem Schluss, dass der Einsatz von Blockchain im Energiesystem schon heute sinnvoll ist. "Für Unternehmen der Energiewirtschaft ist jetzt ein guter Zeitpunkt zum Einstieg", so die dena.

Empfehlung: Blockchain ist für viele Unternehmen noch nicht reif, hat aber Potenzial. Unternehmen sollten die Entwicklung aufmerksam verfolgen.

(Bild: Bitkom Research)


Die Digitalisierung der Logistik entscheidet zwischen Erfolg und Misserfolg von Industrie 4.0.

Der Roboter greift eine Schachtel aus dem Lager, lädt sie in den LKW, der autonom ohne Fahrer zum Auslieferungshub fährt, dort wird das Paket per autonomer Drohne zum Käufer gebracht. Zukunftsmusik? Ja, aber alle erforderlichen Technologien werden schon erprobt. Dennoch: "Die menschenleere Lagerhalle gibt es bei uns nicht", versichert Markus Voss, CIO & COO Global bei DHL Supply Chain. "Wir ersetzen den Menschen nicht, die Roboter unterstützen die Mitarbeiter." Logistik 4.0 wird schon deshalb keine Menschen ersetzen, weil es diese Menschen gar nicht mehr gibt. Der Markt für Arbeitskräfte ist leergefegt. Mobile Roboter wie Toru des Münchener Herstellers Magazino ist ein Versuch, diese Lücke zu stopfen. Er unterstützt beim Ein- und Ausräumen von Ware in Lagern.

Heute sind 80 Prozent der Lager in der Industrie rein manuell, so Markus Voss, in fünf Jahren werden ebenso viele digitalisiert sein. Das erscheint ambitioniert. In einer Umfrage der Bundesvereinigung Logistik gaben 81 % an, dass ihre Firma kaum oder nur zum Teil digital arbeite. In den meisten Betrieben spielen Papier und Telefon weiterhin eine bedeutende Rolle. Doch ohne Logistik 4.0 wird Industrie 4.0 zum Rohrkrepierer. Nur durch die Digitalisierung und Vernetzung über komplette Lieferketten lassen sich neue Geschäftsmodelle realisieren wie etwa individuelle Massenfertigung (Losgröße 1) oder automatische Nachlieferung von Verbrauchsmaterial.

LAPP, Hersteller von Kabeln und Verbindungssystemen, zeigt auf der Hannover Messe eine intelligente Kabeltrommel, die an der Zahl der Umdrehungen erkennt, wieviel Kabel abgespult wurde. Geht der Vorrat zur Neige, stößt das ERP-System (Enterprise Ressource Planning) automatisch eine Nachlieferung an. "In einigen Jahren werden ERPs wie von SAP oder anderen Anbietern miteinander über Schnittstellen kommunizieren", sagt LAPP-CEO Georg Stawowy. Dann könne das Lager nachliefern, das Vorrat hat und am nächsten beim Kunden liege, oder das Kabel werde in dem Werk nachproduziert, das gerade freie Kapazitäten habe.

Solche Schnittstellen über Konnektoren zu verbinden, ist das Ziel von Industrial Data Space, einem Gemeinschaftsprojekt mehrerer Fraunhofer-Institute. Ein Konnektor wurde bei Thyssen-Krupp getestet für das Abfertigungsmanagement an den Werkstoren. Der Disponent sieht sofort, wenn einer der Lkw mit Stahlteilen zu früh oder verspätet ist und kann umplanen. Der Konnektor sorgt für eine Verknüpfung mit der realen Welt, direkt mit den Apps auf den Smartphones der Lkw-Fahrer oder mit den Transportmanagementsystemen großer Logistikdienstleister.

Empfehlung: Wer die Digitalisierung der Supply-Chain auf die lange Bank schiebt, verliert bei Industrie 4.0 den Anschluss.

(Bild: Bitkom Research)