Die Nano-Müller

Das Unternehmen Neosino hat einen fulminanten Börsenstart hingelegt – mit nicht viel mehr in der Hand als Versprechen

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Von
  • Hanno Charisius
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Heilung von Krebs, Rheuma und Neurodermitis. Glatte Haut, schnell heilende Wunden, bessere Straßen: All das, sagt Edmund Krix, Vorstand der Griesheimer Neosino Nanotechnologies AG, sei dank der Nanopartikel seines Unternehmens möglich. Trotz oder vielleicht gerade wegen solch irrwitziger Versprechen gelang dem Unternehmen, das Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, Anfang Januar ein spektakulärer Start an der Börse. 50 000 von insgesamt 1,35 Millionen Anteilsscheinen hatte Neosino zu einem Stückpreis von 55,55 Euro an Investoren ausgegeben. Bis Mitte Januar erreichte der Kurs über 150 Euro – zeitweise war das Unternehmen damit auf dem Papier mehr als 200 Millionen Euro wert.

So viel blindes Anlegervertrauen gab es zuletzt während der wilden Jahre des Neuen Markts: Einem Umsatz von 59 000 Euro im Geschäftsjahr 2005 stand ein Fehlbetrag von 336 000 Euro gegenüber. Neosino will drei bis zehn Nanometer große Mineralpartikel zum Inhalieren, Schlucken und Einreiben verkaufen. Doch das Unternehmen hält keine eigenen Patente, sondern kauft – über eine Tochtergesellschaft auf Malta – das Know-how bei einem Partner ein: Das „Fachlabor Gerd Thöne“ hat nach Auskunft seines Inhabers ein mechanisches Mahlverfahren entwickelt, mit dem sich Mineralien wie Silizium, Calcium und Magnesium zu Nanopartikeln zermalmen lassen. Laut Neosino-Gründer Krix funktioniert das „ohne Chemie und Gentechnologie“ – und laut Co-Vorstand Bruno Wüthrich gibt es auch dafür keinen Patentschutz.

Nano-Müller Thöne hält auch die Rechte an der Webadresse neosino.de und verkaufte darüber schon Anfang 2001 Mineralprodukte – allerdings noch ohne Nano-Etikett. Krix saß zu dieser Zeit noch im Vorstand des IT-Reparaturbetriebs Teleplan, einem der vielen gefallenen Stars des Neuen Marktes.

„Für uns ist es sehr schwer, Neosino zu bewerten“, sagt Anja Weingran, Chefredakteurin des Börsenbriefs „Nanotech-Report“. „Momentan wird da meiner Meinung nach mit Luft gehandelt.“ Den Erfolg der Aktie versucht sie so zu erklären: „Die haben Galionsfiguren.“ Der FC-Bayern-Star Roy Makaay und der Nationalelf-Chefarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt werben für die Mineralprodukte, die sich außerdem mit dem Gütesiegel „Empfohlen vom Deutschen Sportbund“ schmücken dürfen. Freilich nicht ohne Gegenleistung: Für die Empfehlung kassiert der DSB nach eigener Aussage Geld, Bayern- Doc Müller-Wohlfahrt erhält laut Neosino eine „angemessene Vergütung“ als Berater.