Die Neuerungen von Linux 2.6.32

Seite 3: Virtualisierung, Architektur-Code, Power-Management

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KVM unterstützt jetzt den "unrestricted guest"-Modus von Intels nächster Generation von Desktop- und Notebook-Prozessoren (Westmere), die Anfang 2010 unter Produktnamen wie Core i3 oder Core i5 in den Handel kommen sollen. Der Haupt-Git-Pull-Request von KVM-Entwickler Avi Kivity erläutert einige weitere Verbesserungen für KVM – darunter bessere Möglichkeiten zum Tracing und die Eventfd-basierten Mechanismen zum Verbinden von User- und Kernel-Software mit Gastsystemen über irqfd und ioeventfd.

Neu dabei ist auch das im Umfeld der KVM-Entwickler entstandene KSM. Das Kürzel steht für "Kernel Shared Memory" oder "Kernel SamePage Merging" und bezeichnet ein Framework, das den Speicher mehrerer Userland-Prozesse nach identischen Bereichen absucht; findet es welche, führt es sie zusammen und reduziert durch Freigabe der nun unnützen Kopien den Speicherverbrauch. Das ist etwa bei der Virtualisierung mit KVM interessant, wenn mehrere ähnliche Gastbetriebssysteme mit gleichen Software-Bibliotheken und Programmen auf einem Rechner laufen und dadurch größere Teile der im Arbeitsspeicher der Gäste gespeicherten Daten identisch sind. Der Artikel zum Linux Symposiums 2009 und die dort verlinkte Textfassung eines OLS-2009-Vortrags erläutern die Technik näher.

Durch das neue und von Intel-Entwickler Andi Kleen eingebrachte HWPOISON unterstützt der Linux-Kernel 2.6.32 außerdem einige der Techniken zur Behandlung und Umgehung von Speicherfehlern, die die Anfang 2010 erwarteten Server-Prozessoren aus Intels Nehalem-EX-Reihe bieten sollen.

Neu zum Kernel gestoßen ist Unterstützung für Intels früher als LaGrande Technology bezeichnete Trusted Execution Technology (TXT). Vor dem Ausführen des Kernels können TXT-Systeme zusammen mit den Komponenten des Projekts Trusted Boot (tboot) sicherstellen, dass der Kernel nicht von einem Angreifer modifiziert wurde.

Der Linux-Kernel lässt sich beim Kompilieren nun speziell für Atom-CPUs optimieren. Die Kernel-Hacker haben außerdem die Unterstützung für Intels Simple Firmware Interface (SFI) integriert. Dabei handelt es sich um eine von Intel entwickelte ACPI-Alternative, die bei der für Smartphones, Mobile Internet Devices (MIDs) und Embedded-Umgebungen gedachten Moorestown-Plattform zum Einsatz kommen soll.

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Im Detail

Einen detaillierteren Überblick über die Änderungen der Linux-Version 2.6.32 hat das Kernel-Log bereits in den vergangenen Wochen im Rahmen der auf heise open veröffentlichten Mini-Serie "Was Linux 2.6.32 bringt" gegeben:

1. Netzwerksubsystem

2. Grafik-Hardware

3. Storage-Hardware und Dateisysteme

4. Weitere Treiber

5. Architektur-Code und Virtualisierung

6. Infrastruktur

Die wichtigsten Abschnitte der sechs Artikel bilden die Basis für die nebenstehende Übersicht der allerwichtigsten Neuerungen der Linux-Version 2.6.32. Die einzelnen Teile der Serie beschreiben einige Änderungen aber noch ausführlicher und erwähnen weitere, die vielleicht nicht ganz so wichtig, aber alles andere als unwichtig sind.

Außerdem finden sich am Ende jedes Artikels der Mini-Serie unter der Überschrift "Die kleinen Perlen" Listen mit etlichen weiteren Änderungen, die keine Erwähnung im Text fanden, aber für manche Anwender dennoch von großer Bedeutung sind. Der Artikel zu Treibern etwa verweist auf zahlreiche Patches, die die Unterstützung der Audio-Hardware verschiedener PC-, Notebook- und Mainboard-Modelle verbessern; in den Listen zu den Änderungen im V4L/DVB-Subsystem finden sich viele Produktnamen von TV-Hardware, die der Linux-Kernel nun ansteuert.

Die noch jungen Performance Counters wurden in Performance Events umbenannt, weil diese Bezeichnung besser zu dem in den vergangenen Monaten stark weiterentwickelten Code passe. Neu dabei ist Unterstützung für das maßgeblich von Arjan van de Ven entwickelte Timechart-Tool, mit dem sich zuvor mit "perf record" aufgezeichneter Traces zur einfacheren Analyse als SVG visualisieren lassen – van de Ven erklärt das ganze in seinem Blog detaillierter und zeigt dort verschiedene Einsatzmöglichkeiten.

Verschiedene Patches erweitern den Linux-Kernel um Unterstützung für ACPI 4.0. Einige umfangreichere Änderungen am Power-Management-Code legen ferner die Basis zur besseren Nutzung der zur Laufzeit verwendbaren Stromsparmechanismen moderner I/O-Geräte – Details dazu liefert ein LWN.net-Artikel. Eine ebenfalls bei LWN.net erläuterte Optimierung am Cpuidle-Framework soll vor allem bei größeren Servern den I/O-Durchsatz steigern – teilweise deutlich.

Einige Änderungen am für die Zuteilung von Prozessorzeit an Anwendungen zuständigen Scheduler beseitigen Schwächen, die bei Geschwindigkeitsvergleichen mit dem kürzlich von Con Kolivas veröffentlichten und unabhängig vom Kernel entwickelten BFS ("Brain Fuck Scheduler") gefunden wurden. Darunter eine, die das Encoding mit x264 auf Mehrkern-Systemen erheblich verlangsamt hat – einer der x264-Entwickler erläutert die Hintergründe näher in seinem Blog und nutzt das für einige Empfehlungen zur besseren Zusammenarbeit zwischen Entwicklern.