Die Neuerungen von Linux 3.2

Seite 4: Trends: Was 3.3 bringt

Inhaltsverzeichnis

Direkt nach der Freigabe von Linux 3.2 beginnt nun das typischerweise zwei Wochen lange Merge Window, in dem die Kernel-Entwickler den Großteil der Änderungen für die nächste Kernel-Version in den Hauptentwicklungszweig von Linux integrieren. Für diese erste Phase im Entwicklungszyklus von Linux 3.3 haben die Kernel-Hacker bereits zahlreiche Änderungen vorbereitet.

Die Android-Treiber, die im Frühjahr 2010 mit Linux-Version 2.6.33 aus dem Staging-Bereich flogen, werden aller Wahrscheinlichkeit mit Linux 3.3 wieder zurückkehren, denn Staging-Betreuer Greg Kroah-Hartman hat diese in seinen Entwicklerzweig aufgenommen, der die für Linux 3.3 vorgesehenen Änderungen enthält (1, 2); auch der Pmem-Treiber und einige andere Android-spezifische Änderungen sollten bei Linux 3.3 in den Staging-Bereich eingehen. Wie Greg Kroah-Hartman in einem Google+-Beitrag erläutert, erhält der Kernel damit fast alles, was nötig ist, damit das Userland eines Android-Systems bootet. Der Entwickler betont allerdings, dass dies keineswegs alle der bei Android verbauten Kernel-Erweiterungen sind; so fehlt etwa der Wakelock-Code, der zum Erreichen langer Akku-Laufzeiten wichtig ist, aber nicht zum Booten gebraucht wird.

Teile des Treibers für den Grafikkern in Intels Poulsbo (US15W) sollen aus dem Staging-Bereich in den regulären Kernel-Code wandern. In den Staging-Bereich einziehen sollte bei Linux 3.3 ursprünglich die Kernel-seitige Unterstützung für LTTng (Linux Trace Toolkit); nach Kritik wurde dieser Plan aber verworfen. Realistische Chancen auf eine Aufnahme hat hingegen die Userspace-Tracing-Lösung Uprobes, denn der von Werkzeugen wie SystemTap nutzbare Ansatz wird von nicht wenigen Kernel-Entwicklern unterstützt und findet sich seit einigen Wochen in Linux-Next. Hintergründe erläutern ein älterer LWN.net-Artikel sowie der jüngste Patch, zu dem unter anderem Dokumentation und Unterstützung für Perf gehören.

Bei Linux 3.3 dürfte auch der Patch aufgenommen werden, durch den sich der Kernel bei der Entscheidung über das systemweite (De)Aktivieren von ASPM ähnlich verhält wie moderne Windows-Versionen. Zum Netzwerk-Subsystem soll Open vSwitch stoßen – ein Multilayer Virtual Switch, der unter anderem bei XenServer 6.0 zum Einsatz kommt. Auch der Code zum Aufsetzen eines Ethernet Teaming Device soll bei 3.3 einziehen; er soll eine schnelle, einfache und vom Userspace getriebene Alternative zum Bonding-Treiber sein, mit dem sich mehrere Netzwerk-Adapter bündeln lassen. Wie die Entwickler des Netzwerk-Stacks in einem Google+-Post erläutern, ist auch die Aufnahme der Unterstützung für Byte Queue Limiting vorgesehen. Dieser Code soll die Latenz reduzieren, die durch zu lange Warteschlangen in der Hardware ("buffer bloat") entstehen, ohne den Durchsatz zu reduzieren.

Wie üblich wird das Kernel-Log in c't und auf heise open über diese und andere wichtige Neuerungen am Linux-Kernel und in dessen Umfeld berichten – dazu zählen auch neue Versionen der Stable-Kernel-Series (3.2.y), die in den kommenden Wochen den einen oder anderen Fehler korrigieren dürften, der den Testern der Vorabversionen von Linux 3.2 entgangen ist oder nicht rechtzeitig zur Freigabe von Linux 3.2 korrigiert werden konnte. Zudem wird sich das Kernel-Log wie üblich im Rahmen einer auf heise open erscheinenden Artikel-Serie "Was 3.3 bringt" umfassend mit den Neuerungen der nächsten Kernel-Version auseinandersetzen. Sofern Torvalds und seine Mitstreiter im üblichen Tempo arbeiten, dürfte Linux 3.3 Anfang oder Mitte März erscheinen; die wichtigsten Änderungen dieser Version wird dann wieder ein Kernel-Log wie dieses auf heise open zusammenfassen.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangenen Kernel-Logs auf heise open. Neue Ausgaben des Kernel-Logs werden auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog" erwähnt; die englischen, bei den Kollegen von "The H Open" erscheinenden Übersetzungen auf den Identi.ca- und Twitter-Konten "@kernellog2". Gelegentlich zwitschert der Autor des Kernel-Logs unabhängig davon über einige später meist auch im Kernel-Log erwähnte Themen als "@kernellogauthor" bei Identi.ca und Twitter. (thl) (thl)