Die Neuerungen von Linux 3.2

Ext4-Dateisystem aufgebohrt, Optimierungen am Netzwerk-Code, Unterstützung für Thin Provisioning im Device Mapper. Hinzu kommwn neue und verbesserte Treiber, unter anderem für Grafik-Hardware von Intel und Nvidia sowie WLAN-Bausteine von Atheros und Broadcom.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

Nach etwas über zwei Monaten Entwicklung hat Linus Torvalds den Linux-Kernel 3.2 freigegeben. Damit haben die Kernel-Entwickler wieder zu ihrem gewohnten Entwicklungstempo zurück gefunden, nachdem der Einbruch bei Kernel.org die Fertigstellung von Linux 3.1 um einige Wochen verzögert hatte. Als Spätfolge davon bringt der jetzt freigegebene Kernel etwas mehr Änderungen als zuletzt üblich, da die Entwickler mehr Zeit hatten, um Verbesserungen zur Aufnahme bei Linux 3.2 vorzubereiten.

Bei Intels Ivy-Bridge-Platform, die schon seit Linux 3.1 von den Grafiktreibern des Kernels unterstützt wird, aktiviert der DRM/KMS-Treiber jetzt standardmäßig die sehr wirksame Stromspartechnik RC6 (1). Dieser Patch schaltete RC6 auch bei den Grafikkernen ein, die Intels derzeit aktuelle Sandy-Bridge-Prozessoren mitbringen; Tester der Vorabversionen berichteten daraufhin jedoch von Probleme, worauf die Entwickler die Technik bei den CPUs dieser Generation wieder standardmäßig deaktivieren. Da das Intel-spezifische RC6 die Leistungsaufnahme vieler Sandy-Bridge-Systeme um einige Watt senkt, ist sie insbesondere für Notebooks interessant, da sie die Akku-Laufzeit spürbar verlängern kann und häufig auch die Geräuschentwicklung der Lüfter reduziert. Man kann die Stromspartechnik bei älteren Kernel-Versionen über den Kernel-Boot-Parameter i915.i915_enable_rc6=1 aktivieren; hier fehlen aber einige Korrekturen für Probleme rund um RC6, die in Linux 3.2 eingeflossen sind.

Der Nouveau-Treiber verwendet jetzt die Beschleunigungsfunktionen bei Nvidias Fermi-Chips NVC1 (GeForce GT 415M, 420, 420M, 425M, 430, 435M, 525M, 530, 540M, 550M und 555 sowie Quadro 600 und 1000M), NVC8 (GeForce GTX 560 Ti OEM, 570, 580 und 590 sowie Quadro 3000M, 4000M und 5010M ) und NVCF (GeForce GTX 550 Ti und 560M) mit der selbst erzeugten Firmware; die letztgenannten Grafikchips unterstützt der Kernel mit Linux 3.2 erstmals.

Mehr Infos

Im Detail

Bereits in den vergangenen Wochen hat das Kernel-Log in der Serie "Was Linux 3.2 bringt" detailliert über die Änderungen beim Kernel 3.2 berichtet:

  1. Netzwerk
  2. Dateisysteme
  3. Architektur
  4. Infrastuktur
  5. Treiber

Der nebenstehende Artikel fasst die wichtigsten Änderungen und Verbesserungen dieser Mini-Serie zusammen und gibt zusätzlich noch einen Ausblick auf Version 3.3. Die Artikel der Serie beschreiben die Neuerungen von Linux 3.2 allerdings detaillierter und erwähnen zahlreiche weitere Änderungen.

In der zeitweise etwas verfahrenen Situation mit zwei Treibern für neuere WLAN-Chips von Broadcom haben die von Broadcom selbst vorangetriebenen Brcm80211-Treiber Brcmsmac und Brcmfmac jetzt das Rennen gemacht und zogen vom Staging-Bereich in das Netzwerk-Subsystem um. Dort landete auch der WLAN-Treiber Ath6kl für den AR6003 von Atheros; eine frühere Version dieses Treiber befand sich zuvor auch im Staging-Bereich, in dem Code liegt, der den Qualitätsansprüchen seiner Entwickler oder der Kernel-Hacker nicht genügt.

Den TCP-Stack von Linux 3.2 haben die Kernel-Entwickler um Unterstützung für "Proportional Rate Reduction" (PRR) erweitert. Der von einem Google-Mitarbeiter eingebrachte und einem IETF Draft beschriebene Algorithmus soll die Sendegeschwindigkeit besser an die Kapazität anpassen, welche die Gegenstelle und die auf dem Weg dorthin passierten Router verarbeiten können; speziell nach einer Drosselung aufgrund drohender Überlastung soll der Algorithmus auf der Sendeseite wieder schneller zur maximalen Transferrate hochschalten als der bisher genutzte Ansatz. Laut Messungen des Entwicklers soll der Algorithmus die HTTP-Antwortzeiten um drei bis zehn Prozent reduzieren.

Beim weiterhin experimentellen Btrfs gab es einige Korrekturen (u. a. 1) für ein Problem, das unter gewissen Umgebungsbedingungen bei Abstürzen oder Stromausfällen gelegentlich zu Dateisystemschäden führte. Falls der bei Btrfs sehr wichtige Root-Knoten beschädigt ist, kann man das Dateisystem über die neue Mount-Option "-o recovery" jetzt zur Verwendung eines alternativen Root-Knotens auffordern.

Das Ext4-Dateisystem bietet nun Unterstützung für "Big Allocation Blocks" (u. .a 1, 2, 3). Durch diese kurz Bigalloc genannte Technik bündelt Ext4 die zum Speichern von Daten verwendeten 4K-Blöcke zu bis zu 1 MByte großen Einheiten ("Cluster"). Das reduziert den Verwaltungs-Overhead beim Speichern großer Dateien und verspricht, die Performance in manchen Arbeitsszenarien deutlich zu steigern. Einige Änderungen am CIFS-Dateisystemcode zum Zugriff auf Samba- oder Windows-Freigaben sollen in bestimmten Situationen für erheblich höheren Datendurchsatz sorgen (1, 2, 3).