Disketten: Diese Scheiben waren ein Hit​

Seite 2: Big in Japan

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Unumstritten sind die Verdienste von IBM und Alan Shugart übrigens nicht: Der Japaner Nakamatsu Yoshirō, der sich selbst als die jüngere Ausgabe von Thomas Edison sieht, will bereits 1952 eine Art Diskette patentiert haben und behauptet, 1979 rund ein Dutzend Patente an IBM lizenziert zu haben, was IBM bestätigt – die Diskette sei aber nicht darunter. IBM seinerseits zockte Mitte der 1990er PC-Schrauber mit Trivialpatenten rund um die Diskette ab.

Bevor es Alternativen gab, entlockten Tüftler Floppys mit Tricks mehr Platz: Mit speziellen Formatierprogrammen kitzelte man 2 MByte statt 1,4 MByte aus den Scheiben; die letzten Versionen von MS-DOS und Novell-DOS brachten mit DoubleSpacc/DriveSpace beziehungsweise Stacker Programme mit, die Daten in Echtzeit und fürs Betriebssystem transparent komprimierten – auch auf Diskette.

Bis zu ihrem Aussterben war die 3-½-Zoll-Diskette mit 1,4 MByte de-facto-Standard, je nach Zählweise buhlten aber mehr als ein Dutzend Formate nach ihr um die Gunst des Publikums. Dass es von der 3-½ -Zoll-Floppy eine kaum beachtete 2,88-MByte-Variante gab – geschenkt. Dass Sony Anfang der 1990er erfolglos versuchte, seine für digitales Audio entwickelte MiniDisc auch als Datenträger zu vermarkten – geschenkt. Die wegen notorischer Unzuverlässigkeit beerdigten LS-Laufwerke (äußerlich eine Diskette, aber mit 120 MByte Kapazität) und die aus demselben Grund gescheiterte Sony-HiFD (200 MByte) kennen jüngere PC-Nutzer gar nicht mehr.

Iomegas mit 100 MByte (später 250 und 750 MByte) gestartetes Zip-Laufwerk hingegen war ein paar Jahre sehr erfolgreich. Hätten die Verfechter der zu dieser Zeit ebenfalls angebotenen magneto-optischen ("MO")-Discs sich nicht nur auf professionelle Anwender beschränkt, sondern auch private PC-Nutzer adressiert – vielleicht hätte es Zip schwerer gehabt. So fanden sich diese Datenträger in Arztpraxen und Anwaltskanzleien, im Vor-Internetzeitalter unbemerkt von der Masse der Konsumenten.

Ein Laufwerk mit 8-Zoll-Diskette von Qume.

(Bild: Michael Holley, gemeinfrei)

Zum Totengräber all dieser Wechselmedien wurde aber die Compact Disc. Zunächst ebenfalls als Audio-Medium konzipiert, erkannte die Industrie schnell ihren Wert als Datenträger. Mit zunächst 650, später 700 MByte Speicher überflügelte sie Mitte der 1990er alle Floppys und die meisten verfügbaren Festplatten. Als Verteilmedium für Software waren und sind die Plastikscheiben unschlagbar billig und schnell herzustellen, Mitte der 1990er fielen auch die Preise für bespielbare Medien und Brenner in erschwingliche Regionen. Apple reagierte auf diesen Trend als erster Hersteller und strich am iMac das Diskettenlaufwerk, was 1998 keineswegs Begeisterungsstürme hervorrief. Erst ab Mitte der Nuller Jahre verschwanden die Gerätschaften auch aus IBM-kompatiblen PC; CDs und DVDs ihrerseits sind dank USB-Sticks und Speicherkarten mit Kapazität im 100er Gigabyte-Bereich eine aussterbende Spezies.

Sony beendete 2010 die Diskettenproduktion, Verbatim hielt noch etwas länger durch. Wer tatsächlich noch wichtige Daten auf den antiquierten Medien hortet, sollte sie schleunigst auf neuere Datenträger kopieren. Zwar verfallen die Discs nicht zwangsläufig – aber ein kleiner Test mit einem Zehnerpack aus dem noch nicht entsorgten Fundus des Autors zeitigte zwei nicht mehr lesbare Exemplare.

Dass der Umstieg nötig ist, realisierte auch die US-Luftwaffe, die bis weit in die 2010er Jahre ihre Atomraketen mit 8-Zoll-Floppys steuerte – 2019 hielten SSDs Einzug.

(dahe)