Drohnen für die Klimaforschung

Der Streit um die Vulkanasche-Konzentration am europäischen Himmel ist ein Beispiel dafür, dass es zu wenig Daten aus den unteren Atmosphärenschichten gibt.

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Von
  • Brittany Sauser

Der Streit um die Vulkanasche-Konzentration am europäischen Himmel ist ein weiteres Beispiel dafür, dass es noch zu wenig Daten aus den unteren Atmosphärenschichten gibt. Die NASA will dies mit unbemannten fliegenden Messlaboren ändern und damit einen neuen Goldstandard für die Erforschung der Atmosphäre setzen.

Ein Grund für die nicht abreißende Debatte über die Wissenschaft vom Klimawandel ist auch die Datenlage: Von einer lückenlosen Überwachung des Erdsystems ist die Forschung noch weit entfernt. Das will die NASA nun – zumindest für die unteren Atmosphärenschichten ändern. Gemeinsam mit dem US-Rüstungsunternehmen Northrop Grumman hat sie drei unbemannte Flugzeuge der US-Luftwaffe vom Typ „Global Hawk“ zu fliegenden Messstationen umgebaut. Bis zu 30 Stunden können diese "Klimadrohnen" in der unteren Stratosphäre verbringen und dort detailliertere Daten sammeln als Satelliten.

„Trotz Satelliten, Messflugzeugen und erdbasierten Netzwerken fehlen uns immer noch bestimmte Daten aus der Atmosphäre“, sagt Robbie Hood, Direktorin der Programms für Unbemannte Luftfahrzeuge bei der US-Wetter- und Ozeanographiebehörde NOAA. Die liefert der NASA die wissenschaftlichen Instrumente für die Global Hawks und leitet die Forschungsmissionen. Hood selbst entscheidet darüber, wie die Drohnen eingesetzt werden sollen. Sie könnten zum Beispiel über einem Hurricane dessen Stärke vermessen oder die Veränderungen der arktischen Meereisdecke genauer als bislang kartographieren, erläutert die Meteorologin.

Die 2007 von der NASA erworbenen Luftfahrzeugen waren ursprünglich Aufklärungsdrohnen des US-Militärs. NASA und Northrop Grumman haben ihnen nun ein Plug-and-Play-System eingebaut: Instrumente können, je nach Forschungsauftrag, rasch entfernt und eingebaut werden.

Der Global Hawk kann 30 Stunden in der Luft bleiben und hat eine Reichweite von 22.800 Kilometern.

(Bild: NASA)

Der erste Global Hawk hob bereits vor zwei Wochen vom Dryden Flight Research Center der NASA zu einem Flug über den Pazifik ab. Bis Ende April soll er einmal pro Woche starten, um Aerosole, atmosphärische Gase und Wolken zu untersuchen sowie Temperatur, Windstärke und Druck zu vermessen. Mit einer hochauflösenden Kamera macht das Luftfahrzeug außerdem Bilder vom pazifischen Ozean.„Mit dieser Mission wollen wir erst einmal die Möglichkeiten des neuen Systems demonstrieren“, sagt Paul Newman, am Projekt beteiligter Wissenschaftler vom NASA Goddard Space Flight Center. Die Drohne fliege zudem unter der Bahn des NASA-Satelliten Aura entlang, der seit 2004 Ozongehalt, Luftqualität und Klimaparameter in der Atmosphäre vermisst. Anhand eines Vergleichs zwischen Satelliten- und Drohnen-Daten wollen die Forscher herausfinden, was von der neuen fliegenden Messstation zu erwarten ist. „Satelliten liefern ein gutes globales Bild, aber bei regionalen Messungen sind sie nicht sehr präzise“, sagt Newman. „Das Luftfahrzeug kann da Daten in einer sehr feinen Auflösung erheben.

“An Bord befinden sich zurzeit elf verschiedene Messinstrumente. Ein LIDAR erfasst mit Hilfe eines Laserstrahls – ähnlich wie ein Radar, das mit Radiowellen arbeitet – Form, Größe und Dichte von Wolken oder Aerosolen. Spektrographen spüren Schadstoffe wie Lachgas (N2O), Ozon (O3) und Schwebeteilichen auf. Ein Ultraviolett-Photometer ermittelt die Konzentration von Ozon, ein Gaschromatograph die von Treibhausgasen wie CO2 oder Methan. Weitere Instrumente untersuchen wichtige atmosphärische Bestandteile wie Wasserdampf oder die Ozon-angreifenden FCKW (eine komplette Liste der Bordinstrumente gibt es hier).

Mit den Klimadrohnen, die bis zu 19,8 Kilometer aufsteigen können, bekommen die Forscher endlich einen besseren Zugang zur oberen Troposphäre und zur unteren Stratosphäre – also einem Bereich in 5 bis 20 Kilometern Höhe. „Diese Atmosphärenregion ist für den Klimawandel sehr wichtig, weil sie sowohl auf Veränderungen an der Erdoberfläche reagiert, aber auch auf das Klima dort zurückwirkt“, sagt NOAA-Physiker David Fahey, der ebenfalls an dem Projekt mitarbeitet. „Wir haben bislang aber viel zu wenig Daten aus dieser Schicht. “Dadurch könne es passieren, dass Klimaveränderungen in Bodennähe falsch interpretiert würden.

Die Global Hawks sind echte Flugroboter, die völlig autonom operieren. Die Wissenschaftler geben ihnen nur das Flugziel an. Die Route dahin bestimmen die unbemannten Flugzeuge dann selbständig. Falls nötig, kann die Leitstelle aber jederzeit die Steuerung übernehmen. Dank der langen Reichweite von 22.800 Kilometern – was etwa 30 Stunden entspricht – eignen sich die Global Hawks vor allem für Flüge über der Arktis, die für bemannte Missionen mit ihrer maximalen Flugzeit von etwa zwölf Stunden immer noch riskant sind.

„Eigentlich sind das schon Hybride aus Flugzeug und Satellit“, freut sich NASA-Mann Paul Newman. „Sie werden unsere Forschung revolutionieren.“ Das sieht auch sein Kollege Randy Albertson, Direktor des Airborne Science Program der NASA, so: „Die lokalen Messungen, die mit den Global Hawks möglich werden, sind der neue Goldstandard für die Atmosphärenforschung.“ (nbo)