EU-Wahl 2024: Digitalisierung im neuen Parlament

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Die Linke sieht die bisherigen Maßnahmen der EU als zu fokussiert auf Wirtschaft und Infrastruktur. Stattdessen solle Digitalisierung zur Lösung gesellschaftlicher Probleme eingesetzt werden.

Plattformen und soziale Netzwerke sollten gemeinwohlorientiert sein, statt kommerzielle Absichten zu verfolgen. Tracking und personalisierte Werbung will Die Linke verbieten. Onlinedienste sollten anbieterunabhängig funktionieren und offene Schnittstellen verwenden, sodass auch Daten mitgenommen werden könnten. Die Linke will zudem öffentliche und genossenschaftliche Plattformen fördern, die sich dem Gemeinwohl verschrieben haben. Freie Software müsse gefördert werden, öffentlich finanzierte Software offen sein. Den Datenschutz will Die Linke ausweiten und eine Nutzung von Daten ausschließlich für gemeinwohlorientierte Zwecke ermöglichen. "Die Auffassung von Daten als handelbares Eigentum lehnen wir ab."

KI nur einsetzen, wenn Gesellschaft profitiert

Auch bei Künstlicher Intelligenz legt Die Linke ihren Schwerpunkt auf gesellschaftlichen Nutzen. In anderen Bereichen müsse aufgrund des Energieverbrauchs der KI-Einsatz beschränkt werden. Insgesamt brauche es mehr Transparenz. Systeme, die Grundrechte verletzten, will die Partei verbieten, etwa "automatisierte Gesichtserkennung und Verhaltensklassifikation in öffentlich zugänglichen Räumen".

Die Linke wirft die Frage auf, in welchen Bereichen Digitalisierung nützlich sei und in welchen nicht – insbesondere unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Der Energieverbrauch solle etwa durch gezielte Forschung, Datensparsamkeit und verpflichtende energiesparende Standardeinstellungen reduziert werden. Endgeräte sollen hingegen langlebiger werden, mit einer fünfjährigen Garantie und Reparaturmöglichkeiten – auch mit Teilen anderer Hersteller. Läuft der Support aus, sollten Hersteller Quellcode und Bauanleitungen veröffentlichen, damit man Geräte dennoch länger nutzen kann. An anderer Stelle fordert die Partei verpflichtende Sicherheitsupdates für die Lebensdauer der Geräte.

Datenschutzbedenken beim digitalen Ausweis

Die DSGVO solle besonders im Zusammenhang mit großen Konzernen konsequente Umsetzung finden. Weitere Kommerzialisierung müsse verhindert werden. Die geplante E-Privacy-Verordnung müsse umgesetzt und private elektronische Kommunikation geschützt werden, auch gegen die Chatkontrolle. Beim EUid-Wallet mit digitalen Ausweisen hat Die Linke Datenschutz-Bedenken. Sie stellt sich einen "datensparsamen Ausbau von Open-Source-Anwendungen des elektronischen Personalausweises auch auf EU-Ebene" vor. Zugleich dürfe dies nicht bedeuten, dass nicht Teilnehmende ausgeschlossen würden. Das Recht auf ein analoges Leben müsse erhalten bleiben.

Bevor neue Technologien wie KI auf den Markt kämen, brauche es eine Bewertung von außen, fordert die Partei. Solche Systeme müssten im Vorfeld untersucht werden, um die technischen und Grundrechtefolgen abschätzen zu können. Zudem fordert die Linke, den "Export von Überwachungstechnologien und von Technologien, die als Waffe zum Einsatz kommen können", zu verbieten.

Die Linke will außerdem, dass neue Anwendungen nur auf den Markt kommen können, wenn sie datensicher und datenschutzfreundlich gestaltet seien. Sicherheitslücken dürften auch durch Behörden nicht ausgenutzt werden, sondern müssten sofort geschlossen werden. Erfolge Hacking als IT-Sicherheitsforschung zum Zweck der Verbesserung der IT-Sicherheit, solle dieses entkriminalisiert werden.

Volt fordert, KI auf den Prüfstand zu stellen. Neue Technologien dürften nicht gegen Grundrechte und Freiheiten verstoßen – etwa die Privatsphäre verletzen oder diskriminierende Effekte erzeugen. Unternehmen bräuchten mehr Unterstützung bei der Umsetzung von EU-Regeln. Volt möchte zudem digitale Produkte besteuern – dort, "wo der Umsatz des digitalen Produkts generiert wird."

Die Entwicklung digitaler Technologien solle unter verbesserten Rahmenbedingungen erleichtert werden. Zugleich nimmt die Partei die Sicherheit der Benutzenden in den Blick. Sie will einen jährlichen Bericht über die Sicherheitslage der kritischen Infrastruktur, der sich an die Öffentlichkeit wendet. Außerdem verschreibt sich die Partei der Förderung barrierefreier sowie Open-Source-Technologien. Volt will das Recht auf Reparatur stärken und fordert Angaben zum ökologischen Fußabdruck für jedes Produkt.

Die europäische Erklärung zu digitalen Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade möchte Volt in ein verbindliches rechtliches Instrument umwandeln. Grundrechte und Freiheiten will die Partei in dem Prozess wahren, in dem sie den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments einbindet.

Volt will außerdem die EU-Rechtssprechung zugänglicher für die Bevölkerung machen. So sollen Privatpersonen Gesetzesverstöße vor Gericht bringen können. Dafür will Volt den Einfluss von EU-Gesetzen auf Grundrechte und Freiheit verständlicher vermitteln. Aufsichtsorgane der Mitgliedsstaaten und die Zivilgesellschaft sollen nach Ansicht der Partei besser zusammenarbeiten.

Volt nennt als eigenen Punkt auch die Papierlosigkeit – auch für ein Ausweissystem (EUid-Wallet). Zudem möchte die Partei Synergien nutzen. So könnten länderübergreifende Innovationsteams entstehen. Mit geförderten Qualifikationszertifikaten will Volt die zwischenstaatliche Zusammenarbeit fördern. Zudem bräuchten Mitarbeitende des öffentlichen Sektors mehr digitale Kompetenzen, auch um Bürger bei Anwendungen öffentlicher digitaler Dienste zu unterstützen.

Open-Source-Software will die Partei mit öffentlichen Mitteln finanzieren, um Transparenz und eine breite Nutzung privat wie kommerziell zu ermöglichen – etwa mit einer Lizenz für free/libre und quelloffene Software (FLOSS). Open-Source-Software solle nicht nur im öffentlichen Dienst stärker in die Auswahl rücken, stattdessen sollen öffentlich finanzierte Anwendungen ebenfalls mit einer FLOSS-Lizenz laufen. Die Haftung für Open-Source-Software-Komponenten könnten kommerziell Nutzende tragen. Die stärksten kommerziellen Profiteure will Volt beauftragen, "die CE-Konformität der Software zu gewährleisten". Die EU brauche mehr Unabhängigkeit "von unsicheren, freiwilligen Bemühungen für wichtige Softwarebibliotheken und -infrastrukturen, die sowohl vom öffentlichen als auch vom privaten Sektor genutzt werden".

Die Freien Wähler sehen die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz als grenzübergreifende Herausforderung. Sie orientieren sich vor allem an Themen, die nahe an den Menschen sind. So wollen sie etwa "die insbesondere bei Kindern und Jugendlichen beliebten E-Sport-Aktivitäten als Sport anerkennen und entsprechend fördern" und Europa als Games-Standort etablieren. Computerspiele seien ein wichtiges Kulturgut. Außerdem fordern sie einen besseren Jugendschutz für audiovisuelle Angebote sowie bei Computerspielen: Dafür brauche es eine "europäische Harmonisierung sowohl der Altersempfehlungen als auch der Inhaltsbeurteilung".

Wichtig ist der Partei zudem die ausreichende Netzabdeckung, mindestens mit LTE-Empfang, auch in ländlichen Bereichen. Hier sollen die Netzbetreiber besser zusammenarbeiten. Die Freien Wähler bringen dafür "National Roaming" als Lösung ins Spiel, bei dem Mobilfunkanbieter ihre Netze für die Konkurrenz öffnen. Glasfaser müsse flächendeckend verlegt werden. Außerdem bräuchten Landwirte bessere Bedingungen und Unterstützung, etwa durch anbieterunabhängige Schnittstellen und Standards in Sensorik, Regeltechnik und Software, beim Smart Farming.

Cyberabwehrzentrum der EU

Die Partei möchte ein "gemeinsames Cyberabwehrzentrum der Europäischen Union aufbauen", um Angriffe und Informationsmanipulation besser abwehren zu können. Das Zentrum solle "eng mit dem NATO-Cyberabwehrzentrum in Tallinn zusammenarbeiten. Die EU muss hierfür die notwendigen Kompetenzen erhalten". Für den Datenschutz will die Partei außerdem Rechenzentren in Europa betreiben.

Die Freien Wähler richten ihren Blick abseits der Gaming-Wirtschaft auch auf die allgemeine Software-Entwicklung. Es brauche mehr Produkte aus Europa, um Datenschutz und Datensicherheit gewährleisten zu können.

Beim Thema Datenschutz möchten die Freien Wähler vor allem den Mittelstand in den Fokus nehmen. Es müsse Spielräume für Innovation und digitale Geschäftsmodelle geben. Dafür fordert die Partei eine hochrangige Arbeitsgruppe (HG) mit Praktikern des Mittelstands, der Digitalwirtschaft und des Ehrenamts, die Vorschläge unterbreiten soll. Außerdem solle die HG die DSGVO modernisieren. Weiter nennt die Partei einen sicheren Datenaustausch mit anderen Wirtschaftsräumen und den Erhalt der Netzneutralität als Programmpunkte.

(are)