Effiziente Rechenzentren: Energieverschwendung ungenutzter Ressourcen offenlegen

Seite 3: Den Idle-Verbrauch errechnen

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Um den im Idle-Modus auftretenden Energieverbrauch zu ermitteln, wurde für den Server im Balanced-Modus die CPU-Last und die Leistungsaufnahme gemessen. Während die Messung der CPU-Last zum Standardrepertoire des Systemmanagements zählt, stellen fast alle Netzteile heute Messwerte zur Leistungsaufnahme bereit, die sich etwa unter Linux mit dem Befehl powerstat auslesen lassen. Die folgende Tabelle zeigt einen kleinen Ausschnitt aus der Messung im LEAP-Projekt.

Zum Arbeitsbeginn der Mitarbeiter steigen die CPU-Last und der Energiebedarf des Terminalservers.

(Bild: LEAP)

Der Tag der Messung, der 27.01.2020, war der Montag in der obigen Wochenkurve. An den Zeitstempeln lässt sich ablesen, dass der Anstieg der CPU-Last mit dem Arbeitsbeginn in den Büros einhergeht. Innerhalb der hier aufgeführten fünf Stunden streuen sich bereits die Werte der CPU-Last. Aus diesen Messungen lässt sich eine Kurve der Leistungsaufnahme über der CPU-Last zeichnen, die vom Idle-Zustand bis zum Active-Zustand reicht.

Die untere Abbildung zeigt die gesamte Wochenkurve als blaue Punkte. Auffällig ist die Häufung bei CPU-Lasten kleiner als 10 Prozent. Die gepunktete grüne Linie ist eine lineare Näherungskurve, deren Formel in der Grafik zu sehen ist. Die Kurve schneidet die y-Achse bei P0 ≈ 153 Watt. Die gepunktete orange Linie ist eine quadratische Annäherung, die der Verteilung etwas besser entspricht. Sie ergibt einen Wert von P0 ≈ 146 Watt, der ungefähr dem obersten Wert in der Tabelle entspricht: Pidle ≈ 148 Watt bei 1,8 Prozent CPU-Last. Alle Punkte streuen um die Linien, daher kommt es auch nicht so sehr auf Genauigkeit beim Ermitteln von P0 an.

Die Messwerte drängen sich an der quadratischen Annäherung (orange), die der Verteilung etwas besser entspricht als die grün dargestellte lineare Näherungskurve.

(Bild: LEAP)

Der Energieverbrauch des Servers im Idle-Modus zu einem Zeitpunkt t bestimmt sich wie folgt: Immer dann, wenn die CPU-Last unter 100 Prozent liegt, wird die Differenz zu den 100 Prozent multipliziert mit der Zeit, die der Server im Idle-Modus verbringt. Das wiederum multipliziert mit P0 ergibt den Energieverbrauch:

Der Messzeitraum wird in Stunden angegeben. Wenn wie in der Tabelle alle 15 Minuten gemessen wird, beträgt er also 0,25 h. Beispielsweise beträgt die CPU-Last um 8:22 Uhr 32,13 Prozent und P0 150 Watt oder 0,15 Kilowatt:

Sobald P0 einmal bestimmt wurde, lässt sich Eidle also aus der Messung der CPU-Last berechnen. Als Nächstes soll daraus eine Kennzahl ermittelt werden, die die Energieverschwendung des Servers im Idle-Modus wiedergibt. Dafür ist die Rechnung von oben über alle Messpunkte n aufzuaddieren, was zu folgender Formel führt:

Nun fehlt noch der Energieverbrauch des Servers Egesamt im gesamten Messzeitraum, also etwa in der Woche aus der zuerst gezeigten Abbildung. Den liefert wieder das Netzteil. Im Zweifel nimmt man den Mittelwert multipliziert mit dem Messzeitraum.

Die Kennzahl, die sich daraus ergibt, soll Server Idle Energy Coefficient (SIEC) heißen. Sie ist in einem Artikel bei 4E TCP veröffentlicht (PDF), heißt dort aber noch Server Idle Coefficient oder SIC. Der SIEC errechnet sich wie folgt:

Er gibt also den Anteil der verschwendeten Energie Eidle zum gesamten Energieverbrauch des Servers Egesamt an. Beim VDI-Server oben mit der Wochenkurve haben sich folgende Zahlen ergeben:

Daraus ergibt sich ein SIEC von 63,3 Prozent:

Obwohl der Server mit seiner Power-Management-Einstellung die Leistung an die CPU-Last anpasst, verschwendet er immer noch deutlich mehr als die Hälfte seiner Energie. Das macht deutlich, dass neben allen anderen Umweltwirkungen, die derzeit auch politisch in der Diskussion sind, die Energieeffizienz von IT-Komponenten und von Rechenzentren weiter im Vordergrund stehen sollte.