Effiziente Rechenzentren: Energieverschwendung ungenutzter Ressourcen offenlegen

Nur wer die Energieverschwendung von Servern im Idle-Modus sichtbar macht, kann sie reduzieren.

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Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Dr. Ludger Ackermann
  • Dr. Dirk Harryvan
Inhaltsverzeichnis

Ist ein Server aktiv, also nicht vollständig im Idle-Modus, dann tut er irgendetwas Nützliches. Doch ist es bisher nicht gelungen, diesen Nutzen von IT-Leistung genauer zu messen und daraus eine Kennzahl zu generieren: Zu komplex ist das Zusammenspiel der Prozesse, die auf einer CPU laufen, zu ungenau die Abgrenzung, was Applikation und was Overhead ist – etwa das Betriebssystem, ohne das es aber nicht geht – ganz zu schweigen von der Unmöglichkeit, den Energieverbrauch eines Servers aufzuteilen für Nützliches und für Unnützes.

Energieeffiziente Rechenzentren

Sicher ist also nur, wann ein Server keinen Nutzen erbringt, nämlich wenn er sich im Idle-Zustand befindet. Dann wartet er schlicht auf Arbeit – und benötigt dabei Energie, und zwar gar nicht wenig. Während die Diskussion um die Energieeffizienz von Rechenzentren lange Zeit auf den Energieverbrauch der technischen Anlagen der Gebäudetechnik, also Stromversorgung und Kälteerzeugung, abhob und Kennzahlen wie die PUE (Power Usage Effectiveness) allgemeine Akzeptanz gefunden haben, bleibt doch eine – berechtigte – Kritik daran, dass diese Sichtweise quasi die Ursache ignoriert, nämlich den Energieverbrauch der IT-Komponenten.

Ein Weg, die Sicht auf die Energieeffizienz von Rechenzentren zu erweitern und die IT-Komponenten in die Betrachtung einzubeziehen, besteht darin, den Energieverbrauch von Servern im Idle-Modus zu ermitteln. Die Kennzahl Server Idle Energy Coefficient (SIEC) macht das Verhältnis aus nutzbringend eingesetzter Energie und verschwendeter Energie sichtbar. Mit ihr kann die IT ihre Energieeffizienz ermitteln und verbessern und damit substanziell zur notwendigen Steigerung der Energieeffizienz in Rechenzentren beitragen.

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  • Der Idle-Betrieb von Servern bedeutet pure Energieverschwendung. Er lässt sich aber nicht gänzlich abschaffen, sondern nur reduzieren.
  • Die Kennzahl SIEC (Server Idle Energy Coefficient) weist den Anteil des Energieverbrauchs eines Servers aus, der im Idle-Modus verloren geht.
  • Der SIEC kann jederzeit und kontinuierlich im produktiven Betrieb gemessen und ausgewiesen werden.
  • Der Kennwert offenbart Möglichkeiten des Energiesparens im Idle-Modus.

Die Idee stammt aus den Niederlanden und wurde im Rahmen des Forschungsprojekts LEAP entwickelt und veröffentlicht (PDF). Die Forscher maßen in Amsterdamer Rechenzentren den Energieverbrauch der Server bei unterschiedlichen Power-Management-Einstellungen. Server mit Power-Management-Einstellung High Performance ziehen eine konstant hohe elektrische Leistung, unabhängig von ihrer CPU-Last: In der unteren Abbildung bleibt die blaue Linie konstant bei einem Energiekonsum von etwa 200 Watt, während die CPU-Last, die orange Kurve, um die 50 Prozent schwankt – schon ein recht hoher Wert für einen Server.

Trotz sich verändernder CPU-Last (orange) bleibt der Stromkonsum (blau) bei der Power-Management-Einstellung High Performance konstant hoch.

(Bild: LEAP)

Besonders auffällig ist aber der Teil der Linie, in dem die CPU-Last über einige Stunden fast null beträgt: Der Server zieht ohne Aktivitäten auch hier 200 Watt. Das ist pure Energieverschwendung, die sich mit der Zeit zu einer beachtlichen Summe addiert: 200 Watt sind 0,2 kW × 24 Stunden/Tag = 12 kWh/Tag oder 0,2 kW × 8760 Stunden/Jahr = 4380 kWh/Jahr. Diese Menge ist eigentlich noch mit dem PUE-Wert des Rechenzentrums zu multiplizieren, in einem guten Fall 1,3, dann ergeben sich 4360 kWh × 1,3 = 5694 kWh – fürs Nichtstun.

Andere Server mit der Power-Management-Einstellung Balanced passen dagegen ihre elektrische Leistung der CPU-Last an. Blau ist in der folgenden Abbildung wieder die elektrische Leistungsaufnahme dargestellt und orange die CPU-Last. Diesmal passt der Server die Stromaufnahme an die CPU-Last an. Im Idle-Modus zieht er etwa 150 Watt, im Active-Modus bis zu 300 Watt.

Bei der Power-Management-Einstellung Balanced hingegen passt der Server seinen Energiebedarf an die CPU-Last an.

(Bild: LEAP)

Sehr deutlich ist auch die Wochenkurve des Servers, der virtuelle Desktops bedient: Sie beginnt in der Nacht von Sonntag auf Montag mit einer niedrigen CPU-Last, steigt dann mit Beginn der Büroarbeitszeit und sinkt zur Nacht hin wieder ab. Das wiederholt sich an den anderen Werktagen, nur am Wochenende ist die CPU-Last weitgehend niedrig. Aber auch dieser VDI-Server (Virtual Desktop Infrastructure) verschwendet nicht wenig Energie: im Idle-Modus ganze 150 Watt. Das ist jedoch noch besser, als würde er die ganze Zeit über die 300 Watt des Active-Modus ziehen.