Ein Elektroantrieb, der mitdenkt und mitlenkt

Ingenieure entwickeln intuitiv steuerbare Radmotoren für Krankenhausbetten, Rollstühle und Einkaufswagen. Damit lassen sich Lasten von 500 Kilo leicht bewegen.

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Prof. Matthias Nienhaus mit dem entwickelten Radmotor.

(Bild: Oliver Dietze / Universität des Saarlandes)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Elektroantriebe könnten das Handling von Krankenhausbetten oder schwer beladenen Einkaufswagen im Baumarkt deutlich erleichtern. Eine pfiffige Lösung dafür schlägt nun die Arbeitsgruppe um Matthias Nienhaus vom Lehrstuhl für Antriebstechnik der Universität des Saarlandes vor. Die Ingenieure entwickelten Räder mit integrierten Elektromotoren, die ohne zusätzliche Sensoren über druckempfindliche Handgriffe elegant gesteuert werden können.

"Mit zwei Fingern lassen sich mit unserem Verfahren Lasten von 500 Kilogramm sicher bewegen und manövrieren", sagt Nienhaus. Seine Technologie baut auf zwei Säulen auf: Einerseits gelang es den Forschenden, während des Betrieb jedes einzelnen Radmotors zahlreiche Betriebsdaten zu messen. Gekoppelt mit eigens programmierten Algorithmen liefern die Betriebsdaten Daten zur Position und Stellung, den wirkenden Kräften und die jeweils Belastung aller Radmotoren separat. "Wir nutzen hierzu die Elektromotoren im Inneren der Räder selbst als Sensor. Diese liefern uns sämtliche Messdaten, die wir benötigen", sagt Nienhaus. Das bilde die Basis für einen leistungsfähigen und zugleich kostengünstigen Elektroantrieb.

Diese detaillierte Zustandskontrolle der einzelnen Radmotoren reicht für konkrete Anwendungen etwa im Baumarkt oder Krankenhaus jedoch nicht aus. Daher konzipierten die saarländischen Entwickler einen druckempfindlichen Handgriff, der sich prinzipiell an jedes Gefährt vom Einkaufswagen bis zum Rollstuhl montieren lässt. In diesem Handgriff integrierten sie einen kapazitatives System, das Kräfte mehrdimensional in alle Richtungen messen kann. Dieser Sensor basiert auf Kondensatoren, in denen der Abstand zwischen zwei Platten durch Druck verändert wird und so zu einer Änderung der elektrischen Kapazität führt. So erkennt der Griff, wie stark und in welchem Winkel er gezogen, gedrückt, bewegt oder seitlich um die eigene Achse gedreht wird.

Professor Matthias Nienhaus (r.) und Ingenieur Eric Peleikis aus seinem Team inmitten von Forschungsobjekten: Überall, wo Menschen auf Räder angewiesen sind, kann die neue Technologie die Fahrt, das Lenken oder den Transport erheblich erleichtern.

(Bild: Oliver Dietze / Universität des Saarlandes)

Ein Fahrer schiebt den Wagen genauso wie ohne jede Motorunterstützung. Der Sensorgriff erkennt daraus automatisch, in welche Richtung der Wagen bugsiert werden soll und unterstützt durch die Ansteuerung der einzelnen Radmotoren genau diese Bewegung. "Auf diese Weise lassen sich beliebig viele Räder einzeln oder im Team ansteuern und damit auch sehr große Lasten sicher manövrieren", sagt Nienhaus. Bisher gibt es von diesem System nur Prototypen. Doch mit der Präsentation auf der Hannover Messe Mitte April könnten die Saarländischen Entwickler vielleicht recht schnell Interessenten für marktfähige Elektroantriebe finden.

(jle)