Flughafen mit Fernsteuerung

Die Deutsche Flugsicherung will den Saarbrücker Airport künftig aus Leipzig kontrollieren – Kameras und Riesenbildschirmen sei dank.

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Flughafenfernsteuerung über 450 Kilometer

(Bild: DFS)

Lesezeit: 3 Min.
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Bei der Telemedizin sitzt ein Arzt mehrere Hundert Kilometer von seinem Patienten entfernt und führt die Untersuchung per Kamera durch. In der Luftfahrt geht der Trend noch weiter: Im Südwesten gibt es nun den ersten "Teleairport".

Denn die Fluglotsen der Deutschen Flugsicherung (DFS) auf dem Flughafen der saarländischen Landeshauptstadt Saarbrücken arbeiten seit Dezember nicht mehr in dieser Stadt, sondern in Leipzig, fünf Stunden mit dem Auto entfernt. Von dort aus geben sie per Glasfaserleitung Kommandos an Piloten und Bodenpersonal. Über hochauflösende Bilder auf einer riesigen Monitorwand beobachten sie aus 450 Kilometern Entfernung den Flugverkehr – Landungen, Starts und Bodenbewegungen.

Details lassen sich heranzoomen, eine Software ("Remote-Tower-Control-System", RTCS) stellt wichtige Objekte auch automatisch groß dar. Die Kameras können rollendes Material sogar verfolgen und erlauben einen Blick auf die Startbahn, um gegebenenfalls eine Bodencrew herauszuschicken. Dank Infrarotkameras soll die Sicht bei Nacht und schlechtem Wetter sogar besser sein als vor Ort. Fällt eine Kamera aus, übernimmt automatisch ein Ersatzgerät, die Kameras sind beheizt, regen- und frostsicher. Auch die Reinigung der Linsen funktioniert selbstständig.

Dieser "Tower" braucht keine Menschen.

(Bild: DFS)

Gebaut wurde das System von den Technikdienstleistern Frequentis und Rheinmetall Defence Electronics. Zehn saarländische Lotsen sind mit nach Leipzig gezogen. In Saarbrücken spart man dadurch Kosten für die Gebäudeerhaltung und den eigentlich geplanten Bau eines neuen Towers, der sonst fällig geworden wäre. Um die Technik zu vermarkten, hat die Deutsche Flugsicherung zusammen mit Frequentis eine Tochterfirma gegründet – sie hofft auf weitere Abnehmer. Demnächst sollen auch die Flughäfen Erfurt und Dresden ferngesteuert werden.

Grundsätzlich neu ist das Prinzip der Luftraumkontrolle aus einer weit entfernt liegenden Region übrigens nicht: Der deutsche Luftraum wird nach Abheben einer Maschine mittlerweile von nur noch vier deutschlandweit verteilten DFS-Kontrollstellen abgewickelt, die vor allem mit Funk und Radar arbeiten.

Hochauflösende Kameras erlauben den Lotsen detaillierte Blicke.

(Bild: DFS)

Moderne Videotechnik und schneller Datenverkehr machen es nun möglich, diesen Ansatz auch auf den Bodenbereich zu übertragen, wo Lotsen bislang noch hoch im Tower sitzen müssen, bewaffnet gegebenenfalls auch mit einem schlichten Fernglas, um mit eigenen Augen zu sehen, was die Maschinen auf Feld- und Vorfeld so treiben.

Das von der DFS entwickelte System ist laut Angaben der Organisation weltweit einzigartig. "Damit etablieren wir einen neuen Standard in der Remote-Tower-Technologie", so Klaus-Dieter Scheurle, Vorsitzender der DFS-Geschäftsführung. Man wolle die Effizienz verbessern und dabei gleichzeitig "unverändert die hohen DFS-Sicherheitsanforderungen" erfüllen. Passagiere wie Piloten sollen von der Änderung nichts mitbekommen.

Der Blick soll so gut sein wie von vor Ort.

(Bild: DFS)

Bislang gab es zwar schon kleine Airports, die von einem anderen Tower mitkontrolliert wurden, die Größe von Saarbrücken wurde aber nicht erreicht. "Mit unserem System sind wir nun erstmals in der Lage, einen internationalen Flughafen rund um die Uhr von einem entfernten Standort aus zu kontrollieren", so Scheurle.

(bsc)