Genetisch veränderte Schweineherzen in hirntote Menschen implantiert

Die Blutpumpen der Paarhufer könnten künftig als Ersatz für den Menschen dienen. An der New York University gab es dazu nun ein spektakuläres Experiment.

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Operation in New York.

(Bild: Joe Carrotta for NYU Langone Health)

Lesezeit: 3 Min.

Zwei hirntoten Personen, deren Körper an Beatmungsgeräten hingen, sind an der New York University (NYU) erfolgreich genetisch angepasste Herzen von Schweinen eingesetzt worden. Die sogenannte Xenotransplantation, bei der tierische Organe im Menschen verwendet werden, könnte eines Tages dabei helfen, die große Nachfrage nach Spendergewebe zu decken. Dieser Engpass führt derzeit dazu, dass Betroffene teils über viele Jahre warten müssen, bis sie versorgt werden können.

Ziel der experimentellen Operationen war es, die medizinische Praxis von Xenotransplantationen einzuüben. "Wir wollen [die Technik] in eine typische, alltäglich durchgeführte Herztransplantation integrieren – nur eben mit einem nichtmenschlichen Organ", so das Team um Nader Moazami. Dabei wurde die Verwendung experimenteller Geräte und Medikamente explizit ausgeschlossen und nur seit langem in der regulären Transplantationsmedizin verwendete Hilfsmittel eingesetzt. Moazami ist chirurgischer Direktor für Herztransplantationen am Langone Transplant Institute der NYU.

Sein Kollege Alex Reyentovich, medizinischer Direktor des gleichen Bereiches, sieht in den erfolgreichen Operationen einen wichtigen Schritt hin zu einer neuen Quelle für Spenderorgane. Man wolle ein "tiefes Verständnis" entwickeln, wie eine solche Xenoherztransplantation auf mechanischer, molekularer sowie immunologischer Ebene ablaufe. "Dabei wollen wir prüfen, ob es möglich ist, medizinische Standardpraktiken und Werkzeuge zu verwenden." Die gesamte Operation wurde dementsprechend nach "menschlichen" Standards durchgeführt, inklusive Erlangung der Organe, deren Transport, Chirurgie sowie Immunsuppression bei den Empfängern.

In der Praxis bedeutete dies, dass den zwei Patienten zwischen dem 16. Juni und 9. Juli die Schweineherzen eingesetzt wurden und anschließend eine Überwachung über drei Tage erfolgte. Die Herzen hätten in dieser Zeit normal gearbeitet, Zeichen für ein Abstoßungsverhalten habe man nicht festgestellt. Die Toten hatten sich zuvor bereiterklärt, als Körperspender zu dienen, da sie als Organspender nicht in Frage kamen. Insgesamt wiesen die Schweineherzen zehn genetische Modifikationen auf. Die Mehrzahl davon sorgte dafür, dass menschliche Proteine exprimiert wurden, um eine Kompatibilität zum Körper herzustellen, vier Veränderungen betrafen spezifische "Schweinegene", die ausgeschaltet wurden, damit es nicht zu einer Abstoßung kam.

Die Versuche, die Teil eines Großexperiments sind, wurden zuvor vom Gesundheitsministerium des Staates New York genehmigt, zudem bekam das NYU Langone-Institut ein eigenes Ethikboard für das Großexperiment. Die Beteiligten betonten, dass die Körperspende nach dem Tod für derartige "Breakthrough Studies" eine ganze neue Möglichkeit darstellten. So sei altruistisches Verhalten nach dem Tod auch möglich, wenn Einzelorgane nicht transplantiert werden könnten. Operiert wurde erst, nachdem der Gehirntod der Patienten erklärt worden war.

Im Bereich der Xenotransplantation wurde Anfang 2022 einem lebenden Patienten erstmals ein genetisch verändertes Schweineherz transplantiert. Der unheilbar herzkranke Patient David Bennett erhielt am 7. Januar das Organ. Während sein Zustand zunächst stabil aussah, verstarb Bennett allerdings zwei Monate nach dem Eingriff. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war das Schweineherz mit einem Virus infiziert, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod des Patienten beigetragen hat.

(bsc)