Glasfaser: Noch keine Bückware, aber Lieferkette angespannt​

Marktbeobachter warnen, dass Glasfaser wegen steigender Nachfrage zur Mangelware wird. Die Branche gibt Entwarnung – aber Rohstoffe und Kapazitäten sind knapp.

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(Bild: heise online/vbr)

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Analysten schlagen Alarm: Glasfaserkabel entwickeln sich zu einem weltweit knappen Gut und der Mangel könnte Digitalisierung und Wachstum gefährden. Angesichts der hohen Nachfrage steigen Preise und Lieferzeiten, warnen Marktforscher der Cru Group. Das könnte den Ausbau von Netzinfrastruktur und Rechenzentren auch in Europa bremsen. Netzbetreiber beobachten die Entwicklung genau, geben aber noch Entwarnung.

Der Tenor in der Branche ist: Die Lage ist angespannt, aber nicht ernst. Die Unternehmen beklagen längere Lieferzeiten und höhere Preise. "Lieferausfälle sind aber keine zu befürchten", sagt ein Sprecher der Deutschen Glasfaser. Auch die Telekom hat "aktuell ausreichend Material", um wie geplant zu bauen. "Wir haben die Bestellmengen entsprechend der Ausbauplanung erhöht und neue Lieferanten an Bord geholt", erklärt eine Telekom-Sprecherin.

"Die Nachfrage nach Kabeln und Verlegearbeiten steigt in Deutschland stetig, wobei der Effekt der staatlichen Förderprogramme durch Engpässe in den Genehmigungsverfahren erst seit Kurzem im Markt angekommen ist", erläutert Sebastian Glatz, Geschäftsführer des ZVEI Fachverbands "Kabel und isolierte Drähte". Von einem Versorgungsengpass ist ihm aber nichts bekannt.

In Deutschland gibt es noch ein paar Kabelwerke, die Glasfasern artgerecht bündeln und das fertige Kabel verkaufen. "Die Beschaffungssituation für Tiefbauer und Netzbetreiber ist schwieriger geworden", weiß Ralf Bechhold vom Kabelwerk Rhenania in Aachen. "Neben erhöhten Preisen sind längere Beschaffungszeiten bei der Planung zu berücksichtigen." Auch Bechhold bestätigt: "Einen Versorgungsengpass sehe ich nicht."

Für die Netzbetreiber bleibt damit der Spezialtiefbau das größte Problem. Ob gefördert oder nicht, alle Ausbauprojekte müssen "durch die Engpässe in Planungs-, Bau-, und Logistikkapazitäten, bevor Hardware-Hersteller gefordert sind", erklärt Glatz. Ohnehin kauft die Kabel in der Regel der Generalunternehmer ein, der die Bauarbeiten durchführt.

Auch die Bundesregierung, die bis 2030 "Glasfaser für alle" haben will, gibt vorerst Entwarnung. "Wir sehen aufgrund der globalen Entwicklungen aktuell in vielen Wirtschaftsbereichen eine Zunahme an Lieferengpässen, so auch im Bereich Breitbandausbau", sagt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), will von einem Glasfasermangel aber auch nicht reden. "Die Bundesregierung steht im regelmäßigen Austausch mit den Telekommunikationsunternehmen und den Ländern."

Doch könnte sich die Nachschubsituation auch wieder verschärfen, etwa durch Engpässe bei den Zulieferern. Ein Großteil der Glasfasern, die zu Kabeln weiterverarbeitet werden, kommen aus Fernost. "China hat einen Anteil von gut 60 Prozent an der weltweiten Faserproduktion, Europa nur fünf Prozent", erklärt Sebastian Glatz. Die chinesische Produktion hat zuletzt unter der Pandemie und den Störungen in den globalen Lieferketten gelitten.