Großhirnrinde aus Silizium

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Kwabena Boahen, Neuroingenieur an der Stanford University, geht nun zusammen mit einem Forscherteam noch einen Schritt weiter: Er will unsere Großhirnrinde "in Silizium gießen". Es könnte das größte Neuromorphing-Projekt aller Zeiten werden. Die erste Version des Modells soll aus 16 Chips bestehen, die jeweils eine 256 × 256 Felder große Ansammlung künstlicher Hirnzellen aus Silizium enthalten. Einzelne Gruppen dieser Hirnzellen können verschiedene elektrische Eigenschaften besitzen, die sich an den verschiedenen Zelltypen der Großhirnrinde orientieren. Damit lassen sich dann bestimmte Verbindungen programmieren, um den Aufbau der einzelnen Teile der Großhirnrinde nachzubilden.

"Wir haben dabei vor, verschiedene Verbindungsmuster und verschiedene Abläufe durchzuprobieren", erklärt Boahen. Das sei bislang so niemals möglich gewesen. In der Endphase sollen Chips stehen, die andere Forscher dann erwerben können, um ihre eigenen Theorien zur Funktionsweise der Großhirnrinde auszutesten. Dieses neue Wissen ließe sich dann in die nächste Generation der Chips integrieren, erklärt Boahen.

Terrence Sejnowski, Chef des Computational Neurobiology Laboratory am Salk Institute im kalifornischen La Jolla, hält das Vorhaben für äußerst spannend: "Die Technologie ist so weit fortgeschritten, dass man endlich über große Simulationen nachdenken kann." Sejnowski untersucht zurzeit, wie der Thalamus, der verschiedene Bereiche des Gehirns verbindet und Informationen weiterleitet, mit der Großhirnrinde interagiert. "Aktuell ist es uns nur möglich, kleine Simulationen mit hunderten oder tausenden Hirnzellen zu fahren. Es wäre natürlich toll, wenn wir dies sichtbar nach oben skalieren könnten."

Boahens Modell wird über eine Million Zellen verfügen und mit dem Äquivalent von 300 Teraflops laufen. Durch die Verwendung dedizierter Hardware kann die Simulation in Echtzeit arbeiten – ganz im Gegensatz zu bisherigen Software-Simulationen. "Statt tausende Software-Befehle zu durchlaufen, fließt hier nur ein Strom durch Transistoren, wie das auch bei normalen Hirnzellen der Fall ist", erklärt der Neuroingenieur.