Gut gemeint: Nimmermüde Wächter

Meinungsfreiheit im Zeitalter des Data Mining.

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Wenn das Innozenz VIII. noch erlebt hätte. Da in Zeiten des Internet immer weniger Menschen Zeitungen lesen, dafür aber immer mehr Weblogs und Internetforen frequentieren, wird die Überwachung der öffentlichen Meinung immer einfacher. Nicht genug damit, dass man nicht mehr mühsam allerlei Manuskripte, Bücher und Zeitschriften einsammeln muss, denn das Internet bringt die Informationen ja direkt bis auf den heimischen Schreibtisch. Dazu liegen die Texte naturgemäß auch noch in elektronischer Form vor und können somit durch "innovative Textanalyseverfahren" vollautomatisch nach "Tonalität" und "Emotionalisierung von Krisenthemen" gescannt werden.

Kein Scherz! Schirmer Media Research bietet ein Programm an, das in Kooperation mit dem Institut der Gesellschaft zur Förderung der Angewandten Informationsforschung entwickelt wurde und dem Kunden eine "Sentimentanalyse" von Online-Medien und Diskussionsforen verspricht. Denn: "Negative Schlagzeilen können einem Unternehmen Verluste bringen und seinen Börsenwert erschüttern." Was das mit einem längst verstorbenen Papst zu tun hat? Der Erfinder einer zwingend vorgeschriebenen kirchlichen Erlaubnis für alle Arten von Druckerzeugnissen wäre über den technischen Fortschritt sicherlich begeistert gewesen.

Wer das "Issues Monitoring" mit Zensur in Verbindung bringt, würde bei dem Programm sämtliche Alarmglocken der Emotionalisierung zum Klingen bringen. Denn die Software verschickt zwar Alarm-Meldungen per E-Mail -- aber natürlich nur an die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit und nicht an die Rechtsabteilung, wie misstrauische Gemüter vermuten könnten. Bleibt nur zu hoffen, dass die Mail nicht im -- ebenfalls intelligenten und vollautomatischen -- Spam-Filter hängen bleibt. (wst)