Hintergrund: So funktioniert der Porträt-Modus des iPhone 7 Plus

Seite 3: Was taugt der Unschärfeeffekt?

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Die Qualität der Unschärfe-Simulation war bei unseren Versuchen durchwachsen. Bei Motiven mit klaren Kanten, deutlich abgesetztem Hintergrund und größerem Aufnahmeabstand erzielten wir die am natürlichsten wirkenden Unschärfeaufnahmen. Schön: Die Stärke des Effekts ist nicht immer gleich, sondern lässt mit zunehmendem Abstand nach. Das wirkt natürlicher.

Bei unruhigen Motiven versagte der Algorithmus teilweise völlig. Bei einer Pflanzenaufnahme schnitt der Weichzeichner den Stengel der Blume praktisch in zwei Hälften, sodass das obere Ende frei im Raum zu schweben schien (siehe Bilderstrecke). Aber auch bei eigentlich idealen Voraussetzungen ist deutlich zu erkennen, dass hier nicht die Physik, sondern eine Software wirkt: Bei einer fotografierten Hand wurden die Finger beschnitten, beim Übergang zur Unschärfe zwischen den Fingern wurden Lücken und um die Hand Artefakte sichtbar. Das erweckte den Eindruck, als hätte jemand mit einem Schwamm den Hintergrund verwischt, sich dabei aber keine Mühe gegeben. Auch Locken bügelte die Software etwas zu rabiat weich. Porträtaufnahmen gelangen am besten bei Personen mit glatten Haaren.

Auch Smartphones mit dem Betriebssystem Android beherrschen inzwischen die Unschärfe-Simulation. Sie benötigen dafür keine Doppelkamera. Google gewinnt die Tiefeninformationen durch einen Kameraschwenk bei der Aufnahme. Im Unterschied zum Porträtmodus von Apple kann man den Effekt nicht schon im Live-Bild sehen, sondern erst im fertigen Foto.

Der Tiefeneffekt des iPhone 7 Plus profitiert bei Porträt-Aufnahmen auch stark von der langen Brennweite.

Im direkten Vergleich ist die mit dem Fokuseffekt des Google Pixel erzeugte Unschärfe kaum schlechter. Das Bild ist aber insgesamt recht blass.

Vom Ergebnis des aktuellen Smartphones Google Pixel konnte sich das iPhone im Test nicht absetzen. Beide Geräte produzierten Fehler, aber beide erzielten auch gute Ergebnisse. Android-User sind allerdings auf rein statische Motive beschränkt, weil bei der Aufnahme das Smartphone geschwenkt werden muss. Schnappschüsse mit Schärfentiefe sind daher mit dem iPhone leichter zu erzielen. Dafür bekommen Android-Nutzer die Funktion per Gratis-Update, während sie im Apple-Universum nur auf dem teuren iPhone 7 Plus zur Verfügung steht. Einstandspreis: 899 Euro.

Mit dem Tiefeneffekt hat Apple eine spannende Funktion implementiert, die mitunter beeindruckend realistisch wirkende Ergebnisse liefert, aber auch mal grandios übertreiben kann. Da es sich um eine per Software implementierte Funktion handelt, bleibt zu hoffen, dass Apple nachbessert. Zumal sie noch als "Beta" gekennzeichnet ist.

Die Funktion alleine rechtfertigt den Kauf des iPhone 7 Plus selbst für fotobegeisterte Anwender kaum; der optische Zweifachzoom aber vielleicht doch. Wünschenswert wäre, wenn sich Apple vom Fokus-Effekt der Android-Geräte inspirieren ließe und die Möglichkeiten auch anderen Geräten spendierte, denn nicht jeder mag große die wuchtige Größe des iPhone 7 Plus. (jra) (jra)