Höher, schneller, China

In Changsha soll in Rekordgeschwindigkeit das höchste Gebäude der Welt gebaut werden. Es besteht aus Fertigmodulen, die in der Fabrik produziert und auf der Baustelle zusammengesetzt werden sollen.

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Von
  • Marcel Grzanna
Inhaltsverzeichnis

In Changsha soll in Rekordgeschwindigkeit das höchste Gebäude der Welt gebaut werden. Es besteht aus Fertigmodulen, die in der Fabrik produziert und auf der Baustelle zusammengesetzt werden sollen.

Die Arbeiten am Projekt Sky City in der chinesischen Millionenstadt Changsha hätten schon Anfang des Jahres beginnen können – wenn die Behörden mitgespielt hätten. 838 Meter hoch soll das Objekt werden, zehn Meter höher als der Burj Khalifa in Dubai. Das Fundament ist schon ausgehoben. Doch das Genehmigungsverfahren zieht sich in die Länge.

Doch Chinas Behörden zögern, weil die verantwortliche Baufirma BSB das Gebäude in nur vier Monaten aus Fertigmodulen zusammensetzen will. In Dubai benötigten die Arbeiter sechs Jahre. Dem privaten chinesischen Unternehmen wird zwar bescheinigt, dass seine Technologie bis 100 Meter Höhe bedenkenlos eingesetzt werden kann. Im vergangenen Jahr etwa gelang es dem Unternehmen, ein Hotel mit 30 Stockwerken innerhalb von nur 15 Tagen hochzuziehen. Während die oberen Etagen noch fehlten, brannte in den unteren bereits das Licht. Sky City aber ist achtmal so hoch.

Es gibt schlicht keine Standards für ein solches Projekt. BSB ist dennoch überzeugt, in diese neue Dimension des Fertigbaus vorstoßen zu können. Die 202 Stockwerke sollen in einer symmetrischen Pyramidenstruktur nach oben wachsen, das Fundament sechs Stockwerke in die Tiefe reichen. Ist der Bau fertig, soll Sky City getreu seinem Namen alles bieten, was ein Stadtbewohner benötigt.

Fertige Deckenmodule sind mit einer fünf Zentimeter dicken Betonschicht lärmisoliert und an der Unterseite mit Kabeln, Leuchten und Luftschächten versehen. LKWs transportieren das nahezu fertige Modul zur Baustelle.

(Bild: BSB)

Er kann darin wohnen, arbeiten, Sport treiben essen, einkaufen, ins Kino oder ins Konzert gehen und seinen Nachwuchs in den Kindergarten oder zur Schule schicken – und sogar bergsteigen: zehn Kilometer vom Fuß bis zum 170. Stockwerk. Auf dem Weg passiert er 56 Parkanlagen mit insgesamt 27 000 Quadratmetern Fläche und erreicht den höchsten Aussichtspunkt auf 830 Metern.

BSB will aber nicht nur schneller und höher, sondern auch um 50 Prozent billiger sein als das herkömmliche Verfahren. Durch die Fertigung fast aller Bauteile in der Fabrik werden kaum Baustoffe verschwendet, weil die Planung effizienter ist. 20 000 Arbeiter fertigen die Module im Werk, 3000 setzen sie später zum höchsten Wolkenkratzer der Erde zusammen. Das spart immense Arbeitskosten. „Das funktioniert so, als ob Kinder mit Legosteinen spielen“, behauptet BSB-Fabrikmanager Xiao Changgeng. Der Gebäudekern besteht aus einem Stahlgerüst.

Alle Säulen sind mit feuerfesten keramischen Faserplatten verkleidet. Gegenüber Kritikern, die sich um die Erdbebentauglichkeit des Gebäudes sorgen, verweist BSB auf die zusätzlichen Stahlstützen. Jeweils vier davon knicken im 45-Grad-Winkel von den Pfeilern ab – zwei nach oben, zwei nach unten. Mit den Pfeilern sind sie ab Werk verschweißt, zum Stützen der Träger genügen Bolzen. „Der Einsatz von Stützpfeilern erhöht die Belastbarkeit des Gerüsts und verleiht dem Objekt mehr Stabilität“, sagt der Bauingenieur Yang Jian von der Jiaotong-Universität in Shanghai. Den Systembau bietet die Firma auch als Franchise an und will ihn sogar ins Ausland verkaufen. Sechs chinesische Baufirmen haben sich die Lizenz bereits gesichert, sagt BSB.