Internet: "Recht auf Vergessen" in Theorie und Praxis

Revenge Porn, Mobbing oder einfach nur die letzte Sauftour: Wie das Internet lernen soll zu vergessen – und warum das so schwer ist.

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Arbeit im Serverraum

Serverraum in Erfurt: Wie neutral bleibt das Internet nach den neuen US-Regeln?

(Bild: dpa, Martin Schutt)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Chris Löwer
Inhaltsverzeichnis

"Auch 2019 noch ein Internet-Klassiker", postet "Martin Perrotta" unter dem YouTube-Video vom ekstatisch tanzenden Technokrieger, der sich im Juli 2000 auf der "Fuckparade" mit nacktem Oberkörper durch Berlin zappelt. Schnell hatte er den Namen "Technoviking" weg. Nix Besonderes. Eigentlich. Doch der urig anmutende Mann hatte Jahre später, als das Video längst zum viralen Hit geworden war, den Kameramann Matthias Fritsch auf Unterlassung der Verbreitung des Videos verklagt – und recht bekommen.

Fritsch kam dem nach. Aber der Hype um den Technoviking ging im Web ungebremst weiter, tausendfach verlinkt, adaptiert, kopiert, parodiert. Fritsch selber ist mit seinem "Technoviking Archiv", das Bilder, Posts, Kommentare und einen fast einstündigen Dokumentarfilm zu dem Phänomen versammelt, nicht ganz unbeteiligt an der digitalen Unsterblichkeit.

Genau dieser Effekt hat unter anderem wohl auch den Attentäter von Christchurch umgetrieben, der im März seine Tat live über Facebook ins Internet streamte. Zwar haben die großen Online-Plattformen das Video gelöscht, doch die verstörenden Bilder werden wohl abrufbereit bleiben. Denn bis Facebook das 17-minütige menschenverachtende Dokument blockte, waren bereits zu viele Kopien gemacht, die nun durch das Netz vagabundieren. Ähnlich ist die Situation bei Revenge Porn, wenn davon massenhaft Kopien im Umlauf sind. "Die Bilder werden nie wieder verschwinden, weil es immer jemanden geben wird, der sie hochlädt", prophezeit Frank Spaeing, Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz.

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