Interview mit Keiichi Matsuda: AR als belebte Geisterwelt
Keiichi Matsuda hat in seinem Film Hyper-Reality vor den Gefahren von Augmented Reality gewarnt. Wird seine Vision mit Apples Vision Pro jetzt Wirklichkeit?
"Es gibt eine Tendenz, jede neue Technologie als eine Art Bedrohung oder Gefahr zu sehen. Ich denke, es ist wichtig, wachsam zu sein, wenn es darum geht, inwieweit wir uns diese Technologien zu eigen machen wollen", sagt der Designer und Filmemacher Keiichi Matsuda, im Interview in der aktuellen Ausgabe von MIT Technology Review. Matsuda bezeichnet sich selbst als "kritischen Designer". Mit seiner Arbeit versucht er, den Einfluss neuer Technologien auf unser alltägliches Leben erfahrbar zu machen.
"Aber ich glaube auch, dass es noch einen großen Spielraum gibt, wie sie eingesetzt werden können", sagt er. "Es liegt an uns, den Geist für diese Möglichkeiten zu öffnen. Denn wenn wir das nicht tun, werden wir mit den langweiligsten und am meisten produktivitätsorientierten, ausbeuterischen und konsumorientierten Versionen dieser Technologie enden."
Matsuda wurde durch den Kurzfilm Hyper-Reality international bekannt. In dem vor rund zehn Jahren veröffentlichten Film zeichnet er ein eher dystopisches Bild einer Zukunft, in der alle Menschen AR-Brillen tragen. Im Gespräch mit MIT Technology Review spricht Matsuda aber nicht nur darüber, ob diese Dystopie mit Apples neuem Vision-Pro-Headset Wirklichkeit werden könnte. Er erzählt auch von seinem neuesten Kurzfilm "Agents", den er kürzlich veröffentlichte.
Zuletzt 2018 hatte Matsuda "Merger" präsentiert. "Ein Film über eine KI, die man sich in ihrer Komplexität und ihrem Ausmaß kaum vorstellen kann", sagt Matsuda. "Merger beruht im Grunde auf der Idee einer KI als allmächtigem Gott. Eine Idee, die ich sehr westlich finde. Ich wollte also einen Kontrast, eine Alternative dazu finden, indem ich über Animismus oder japanischen Shinto als eine Art andere Seite der Medaille nachdachte." In "Agents" zeigt er ebenfalls eine AR-Zukunft, die von KI-Agenten bevölkert ist, die mit ihren Usern kommunizieren und Aufgaben für sie erledigen.
"Autonome, kleine Programme, die nicht allmächtig sind und nicht allwissend. Sie können dumm sein, sie können verspielt sein, sie können gutartig sein, sie können hilfreich sein oder sie können bösartig sein. Ich versuche, eine Vision zu skizzieren, wie wir KI nicht als einen allmächtigen Angriff auf das Menschsein betrachten können, sondern als eine Art belebte Geisterwelt, die es uns ermöglicht, mit der Technologie auf eine Weise zu kommunizieren, die sich sehr, sehr natürlich anfühlt", sagt er.
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(wst)