Interview mit Mark Mayo: Firefox erfindet sich neu

Seite 3: Wir haben keine Ahnung

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c't: Haben Sie Zahlen, wie oft der Private Modus genutzt wird?

Mark Mayo: Wir haben keine Ahnung.

Erfassen Sie das nicht in den Umfragen?

Eines der Prinzipien von privatem Browsen ist, keine forensischen Spuren zu hinterlassen, sobald man den Modus verlässt – auch nicht über das Datenerhebungs-Tool Telemetry. Wir haben eine Menge Studien und Zahlen aus der Industrie, aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie sehr man diesen Zahlen glauben darf, denn es ist schwer zu messen. Manche Zahlen liegen um die 10 Prozent. Ich kann mir das nicht vorstellen; von unseren Benutzertests würde ich eher 1 bis 2 Prozent schätzen.

Was für andere Neuerungen gibt es noch in Firefox 42?

Es wird dafür sicher keinen großen Marketing-Schub geben, aber ein kleines Feature, das ich gern mag, ist der Audio-Anzeiger im Tab, mit dem man den Ton auch abstellen kann. Das fühlt sich sehr nützlich an! Das drückt auch ein bisschen aus, wie wir das Produkt sehen: Es ist irgendwie nicht richtig, dem Nutzer nur etwas zu zeigen, ohne ihm eine Bedienmöglichkeit zu geben. Ist schon komisch: Browser existieren bereits so lange, aber es gibt immer noch diese kleinen Verbesserungen, bei denen man sich im Nachhinein fragt: Wie konnte ich je ohne das leben?

In der Android-Version haben wir ein Feature namens Tab Queuing. Es ist für ein bestimmtes Nutzungsszenario, wo man einen Link nicht sofort öffnen möchte. Man kann während der Morgenroutine Links sammeln, und später gehen die Seiten alle auf. Das hat bei den Tests sehr gut abgeschnitten, die Leute lieben diesen Workflow.

Eine andere Sache ist der globale Launch von Firefox für Apple iOS, ungefähr zur gleichen Zeit wie die Veröffentlichung von Firefox 42.

Also eine WebKit-Engine mit einer Firefox-Oberfläche?

Korrekt.

Mozilla hat sich lange gegen so eine App gewehrt – ich glaube mit der Begründung, dass das einfach kein echter Firefox ist.

Sagen wir mal, wir hatten einige Bedenken bezüglich der iOS-Umgebung. Mit iOS 8 hatten wir das Gefühl: Wir können einen Firefox bauen, wenn auch nicht mit unserer Gecko-Engine. Wir schätzten Apples zunehmendes Open-Source-Engagement, zum Beispiel bei der gemeinsamen Arbeit unserer Ingenieure an LLVM. Dass große Teile der Entwicklungsumgebung jetzt Open Source sind, war für uns ein gutes Zeichen. Durch den Erfolg von Firefox Sync und der Android-Version haben wir gesehen, wie wichtig eine iOS-Version für die Firefox-Nutzer ist, um Daten, Lesezeichen und offene Tabs auf iOS-Geräte zu kriegen. 150.000 Nutzer meldeten sich für die Vorveröffentlichung an – die Leute wollen das wirklich.

Eine Menge Nutzer werden allerdings glauben, dass dies ein kompletter Firefox mit der originalen Rendering-Engine ist.

Ja, aber die große Mehrheit der Firefox-Nutzer denkt nicht über die Rendering-Engine nach – ihnen geht es um die Firefox-Benutzererfahrung. Vielleicht werden wir ja eines Tages unsere Engine auf iOS bringen können, aber auch so sind wir zufrieden mit dem Endergebnis. Wir glauben nicht, dass massenhaft Safari-Nutzer auf iOS zu Firefox wechseln werden – es ist eher ein Dankeschön für die bestehenden Nutzer. Wir haben ein paar Ideen, was wir anders und besser als Safari machen können, aber erst einmal ist es für unsere loyalen Anwender da.

War der Grund für die Meinungsänderung über einen iOS-Firefox eher Apples Open-Source-Strategie oder eher der Druck durch die Nutzer?

Gerechterweise muss man sagen, dass es hauptsächlich von den Nutzern ausging. Vor langer Zeit hatten wir ein iOS-Produkt, Firefox Home, als eine Art Test. Wir haben das nicht sehr gut gemacht, es war buggy, aber damals konnte man nur sehr wenig mit iOS machen. Daher dachten wir, dass wir auf iOS nichts bauen können. Es gab zwar zunehmend Nachfragen durch die Nutzer, aber wir waren mit anderen Projekten beschäftigt. Vor etwa eineinhalb Jahren haben wir nochmal geschaut. Auf technischer Seite gefiel uns, was wir sahen, etwa die frühen Arbeiten an Swift. Wir probierten damit herum und hatten das Gefühl, dass wir ohne übertriebenen Aufwand ein gutes Produkt machen können.

Seit Ende August sind wir damit in vier Ländern. Wir können im Appstore keine Betas herausbringen, deshalb haben wir auf diese Weise getestet. Die Absturzberichte und das Benutzer-Feedback waren positiv, daher werden wir die App in der ersten Novemberhälfte global in den AppStores veröffentlichen.