Japan ist Feuer und Flamme

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In der Nankai-Bohrung wurde daher die zweite Methode verwendet, die Druckentlastung. Vom Schiff wurden durch das Rohr große Pumpen ins Bohrloch gelassen, die den Druck im Sorbet von 130 auf 50 Hektopascal senkten, um so die Käfige des Hydrats aufzusprengen. Diese Methode ist billiger und kann mit konventionellen Fördertechniken durchgeführt werden. Täglich befreite das Bohrteam 20000 Kubikmeter Gas aus dem Sorbet, neunmal mehr als in Kanada. Allerdings ist der Erfolg nicht ungetrübt. Eigentlich wollten die Japaner zwei Wochen Gas fördern. Doch wegen schlechten Wetters und Problemen war schon nach sechs Tagen Schluss. Sand hatte die Pumpen verstopft. Aber das Meti ist trotzdem glücklich: "Wir hatten den Druck versuchsweise auch weit tiefer als 50 Hektopascal abgesenkt, die für eine Förderung vorgesehen waren", erklärt Nomura.

Man habe austesten wollen, wann es zu Problemen kommt. Da die Förderung ansonsten gut funktioniert hat, ist er positiv gestimmt. "Unser nächstes Ziel ist, bis 2018 die Technik für eine kommerzielle Gasförderung zur Reife zu entwickeln. In fünf bis zehn Jahren hoffen wir dann, mit den ersten kommerziellen Projekten zu starten." Bei Schiefergas seien zwischen ersten Versuchen und der profitablen Großförderung ganze 30 Jahre verstrichen. Mit einem Zeitraum von 20 Jahren seit der ersten Methanhydrat-Bohrung wäre Japan damit noch sehr schnell.

Zeitgleich will er eine zweite Methanhydrat-Revolution einleiten: die Ausbeutung flach sitzender Vorkommen direkt unter dem Meeresboden. Die haben sich bisher dem Zugriff der Menschheit entzogen, weil sie viel kleiner und instabiler als die tief im Ozeanboden eingeschlossenen Lagerstätten sind. Um sie zu fördern, müssten aber neue Techniken entwickelt werden.

Betraut mit dem Projekt wurde unter anderen Professor Tomaru aus Chiba. In den kommenden Jahren will er in den flacheren Gewässern in der japanischen See nördlich der Präfektur Niigata nicht nur die Vorkommen erfassen, sondern auch ihr Potenzial als Rohstoff bewerten. Der Reiz der flachen Lagerstätten, so Tomaru, läge darin, dass sie viel einfacher zugänglich seien als die tief im Boden gefangenen Reserven. "Besonders interessant am Methanhydrat ist, dass es sich neu bilden kann", sagt er. In den flachen Vorkommen deutlich schneller als in den tiefen. Schließlich produziert die Erde weiter Methangas. Wie schnell sich die Methanhydrat-Vorkommen regenerieren, ist allerdings unklar. Wissenschaftler gehen von Jahren bis Jahrzehnten aus.

Ein Problem, das Tomaru noch lösen muss, sind die Umwelteingriffe bei der Förderung. Schon bei den tief sitzenden Vorkommen gelten Erdrutsche als ein Risiko, das Tomaru allerdings für gering erachtet. Bei den flachen Vorkommen aber ist das Risiko weitaus höher, weil der Meeresboden leichter kollabieren kann als in der Tiefe. Darüber hinaus kann es zu Gasausbrüchen kommen. Die Folge: Das Methan reagiert mit dem Sauerstoff im Meerwasser. Und das raubt den Fischen die Luft zum Atmen.

Die große Preisfrage allerdings ist, ob sich der Methanhydrat-Abbau jemals rechnen wird. Nach einer Kalkulation der Jogmec aus dem Jahr 2004 würde Gas aus dem Eis mit 46 Yen pro Kubikmeter doppelt so viel kosten als damals das Erdgas. "Die Daten sind nicht wichtig, weil inzwischen völlig überholt", meint jedoch Nomura vom Meti. Neue Berechnungen will er noch nicht verraten, aber er gesteht zu, dass man sich noch ein wenig den Kopf zerbrechen müsse, um das brennende Eis wirtschaftlich profitabel zu nutzen. Trotzdem ist Nomura optimistisch, dass es irgendwann klappen wird: "Bei Schiefergas glaubte auch vor zehn Jahren niemand, dass eine wirtschaftliche Förderung möglich sei. Und nun ist es die große Überraschung." Warum sollte es nur beim Schiefergas gelingen? ()