Künstliche Intelligenz: Kampf um das Urheberrecht
Noch ist unklar, wie das Urheberrecht künftig mit KI-generierten Werken umgehen wird. Zu KI-generiertem Content sind aus juristischer Sicht viele Fragen offen.
- Dr. Till Jaeger
Das U.S. Copyright Office (USCO) hat im September 2022 die Graphic Novel "Zarya Of The Dawn" für die Künstlerin und KI-Forscherin Kris(tina) Kashtanova registriert (Anm. d. Red.: Kashtanova identifiziert sich als non-binär). Die Bildergeschichte wurde teilweise mithilfe des Machine-Learning-Modells Midjourney produziert und ist damit der erste öffentlich bekannt gewordene Fall, in dem KI-Kunst explizit Urheberrechtsschutz zugestanden wurde. Zwar ist eine Registrierung beim U.S. Copyright Office keine Voraussetzung für urheberrechtlichen Schutz, aber sie bringt praktische Vorteile wie einen Anscheinsbeweis für die Schutzfähigkeit vor Gericht und ist Voraussetzung für Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen in den USA.
Kashtanova hat mit den Online-Berichten zu der Registrierung erhebliche Aufmerksamkeit erregt, die wiederum das U.S. Copyright Office zu einer Überprüfung der Entscheidung bewogen hat. Denn urheberrechtlicher Schutz setzt in den USA, wie auch in Deutschland, ein von einem Menschen geschaffenes Werk voraus. In den Worten des deutschen Urheberrechtsgesetzes: eine "persönliche geistige Schöpfung" (§ 2 Abs. 2 UrhG).
In einer Stellungnahme beruft sich Kashtanova darauf, die Texte der Graphic Novel vollständig selbst verfasst und Midjourney als Werkzeug für das Erstellen der Bilder verwendet zu haben. Ähnlich wie ein Fotograf eine Szene gestalten könne und die Kamera als ein Werkzeug zur Abbildung verwendet werde, sei die Bildgenerierung durch Midjourney von der Künstlerin in einem aufwendigen und iterativen Prozess gestaltet worden, wie der Anwalt von Kashtanova in seiner Gegendarstellung an das U.S. Copyright Office im Detail darlegt.
Am 21. Februar 2023 hat das U.S. Copyright Office den Urheberrechtsschutz für die Bildergeschichte bestätigt und dabei deutlich gemacht, dass sowohl der Text als auch die Anordnung von Bild- und Textelementen schutzfähig sind, nicht aber die einzelnen mit Hilfe von Midjourney erzeugten Bilder. Der Fall zeigt anschaulich die Probleme des klassischen Urheberrechts im Umgang mit KI-generierten Texten, Bildern oder anderen Werkgattungen. Noch im Februar 2022 hatte das U.S. Copyright Office einen Antrag von Steven Thaler auf Registrierung des Bildes "A Recent Entrance to Paradise" mit der Begründung abgelehnt, rein maschinell erzeugte Arbeiten seien kein "original work of authorship" im Sinne des US-Urheberrechtsgesetzes (17 U.S.C. § 102a), da dies stets eine menschliche Gestaltung voraussetze.
Im Gegensatz zu Kashtanova hatte Thaler die Registrierung jedoch damit begründet, dass das Bild "autonom von einem Computeralgorithmus erzeugt wurde, der auf einer Maschine ausgeführt wird", und dass das computergenerierte Werk als Auftragsarbeit für den Eigentümer der "Kreativitätsmaschine" zu registrieren sei. Im Fall Thaler ging es also um die Frage, ob der Urheberrechtsschutz auf kreative Leistungen eines Menschen beschränkt ist, was vom U.S. Copyright Office eindeutig bejaht wurde, während es im Fall Kashtanova um die Frage geht, ob und unter welchen Voraussetzungen Bilder trotz des Einsatzes von KI eine kreative Leistung des Anwenders der KI darstellen können.
Menschliche Kreativität als Ausgangspunkt
Die entscheidende Frage wird sein, ob es sich bei den erstellten Bildern – oder anderem mittels KI erzeugten Outputs – im Kern um ein Werk menschlicher Urheberschaft handelt, bei dem der Computer lediglich als Hilfsmittel gedient hat, oder ob die traditionellen Elemente der Urheberschaft in dem Werk (wie der künstlerische Ausdruck) von einer Maschine und nicht von einem Menschen erschaffen wurde.
Urheberrechtlich ist der Ausgangspunkt in den USA und in Deutschland sehr ähnlich. Gemäß 17 U.S.C § 102 sind Gegenstand des Urheberrechtsschutzes "original works of authorship fixed in any tangible medium of expression", in § 2 Abs. 2 UrhG heißt es: "Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen." Aus diesen Definitionen wird seit jeher geschlossen, dass nur eine menschliche Leistung urheberrechtlichen Schutz genießen kann. Hierbei geht es um das Menschsein: Ein Affen-Selfie ist daher schon von vornherein von einem solchen Schutzrecht ausgeschlossen. Dies gilt ebenso für reine Maschinenerzeugnisse.