Laptops, Dienst-E-Bikes, höhere Tarife – wie Unternehmen Azubis locken

Nicht nur Fachkräfte fehlen fast überall, auch Auszubildende. Hessische Firmen locken Interessenten mit Ausstattung, Zuschüssen und Vergütungen über Tarif.

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(Bild: baranq/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Oliver Pietschmann
  • dpa

Firmen suchen nicht nur händeringend erfahrene Fachkräfte, sie suchen auch Nachwuchs. Man höre aus allen Gewerken, dass Auszubildende fehlen, beziehungsweise sich nicht genügend Bewerber finden, sagt die Sprecherin der Arbeitgeberverbände des hessischen Handwerks, Lena Brucato. "Grundsätzlich würden viele Betriebe mehr ausbilden, wenn es genügend Interessenten geben würde." In den vergangenen Jahren hätten die offenen Stellen immer stärker zugenommen, sagt auch Brigitte Scheuerle, die für alle Industrie- und Handelskammern für die Weiter- und Ausbildung verantwortlich ist.

Die Regionaldirektion der Arbeitsagentur in Hessen machte bei der Bekanntgabe der Arbeitsmarktzahlen für Juli auf das Problem aufmerksam. Vor dem Start des Ausbildungsjahres am 1. August oder 1. September sei die Nachfrage nach Auszubildenden gestiegen. So seien landesweit 33.500 Ausbildungsplätze gemeldet worden, 5,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Mitte Juli seien in dem Bundesland noch rund 14.690 Plätze unbesetzt gewesen. Nachvermittlungsaktionen in den kommenden Monaten seien wichtig.

Alleine auf Berufsmessen oder Werbung in sozialen Medien verlassen sich Firmen aber nicht. Beim Handwerk locken die Betriebe Brucato zufolge mit Tickets für den öffentlichen Nahverkehr und Übernahme der Schulausrüstung. Andere bieten Werkzeugkoffer oder Laptops, die nach Abschluss privat weiterverwendet werden können. Neben übertariflichen Ausbildungsgehältern gewährten einige Arbeitgeber auch Zuschüsse für den Führerschein.

Auch bei den Industrie- und Handelskammern gibt es zusätzliche Angebote. Etliche junge Leute bekämen ein Laptop, das sie ohnehin auch beruflich bräuchten. Andere Anreize seien Verkürzungen der Ausbildungszeiten, Einsätze im Ausland oder auch weitgehende Übernahmegarantien. "Corona hat junge Leute völlig verunsichert", sagt Scheuerle. Viele hätten sich trotz Schulabschluss noch nicht entschlossen, wie es weitergeht. Jeder Bewerber könnte sich rechnerisch 1,3 Stellen aussuchen. Vor allem im Einzelhandel und bei Büroberufen gebe es noch offene Ausbildungsplätze. "Wer einigermaßen gute Noten hat, bekommt einen Platz."

Nach Angaben des Hotel- und Gastronomieverbandes Dehoga Hessen gewinnt beim Nachwuchs eine in diesem Jahr greifende Modernisierung der Ausbildung an Bedeutung. Seit dem 1. August gelten für Gastronomie, Hotellerie und Küche neu strukturierte Ausbildungsprogramme. Bei der durch die Corona-Pandemie und Lockdowns ohnehin schwer gebeutelten Gastronomiebranche gibt es aber auch Anreize zur Gewinnung von Personal. "Mobilitätszuschüsse oder Beteiligung an Fahrzeugkosten sind im ländlichen Raum so interessant wie Dienst-E-Bikes oder Tickets für den ÖPNV in den Städten. Besonders wichtig ist die Berücksichtigung privater Belange", sagt Hauptgeschäftsführer Julius Wagner.

Wie groß die Misere auf dem Ausbildungsmarkt über Jahre geworden ist, zeigen Zahlen des Statistischen Landesamtes. Gab es in Hessen den Zahlen zufolge 1980 noch insgesamt 140.920 Azubis, waren 2021 insgesamt 89.113. Die neu abgeschlossen Ausbildungsverträge gingen im gleichen Zeitraum von 53.901 auf 32.449 zurück.

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(tiw)