Luftfahrt in Japan: Mit Haifischhaut und Apfelleder die Emissionen senken

Japans größte Fluglinie ANA will umweltfreundlicher werden. Abseits von synthetischem Kerosin setzt sie auf eine handvoll kleinerer Veränderungen im und am Jet.

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Neben der Beschichtung mit einer Riblet-Oberfläche bekommen die ANA-Fluggäste allerlei Motive mit grünen Blättern zu sehen, etwa auf den Schürzen des Flugpersonals.

(Bild: ANA (Video-Screenshot))

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Weltweit versuchen Fluggesellschaften, die Kohlendioxid-Emissionen zu senken. Der Einsatz von synthetischem Flugbenzin, das nicht aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird, ist dabei einer der wichtigsten Faktoren. All Nippon Airways (ANA) versucht nun mit kleinen Veränderungen an anderer Stelle noch klimaschonender zu fliegen.

"ANA Green Jet" heißt das Projekt, das Japans größte Fluggesellschaft diesen Monat vorgestellt hat. Eine Boeing 787 wurde dabei nicht nur mit grünen Zweigen als Motiv beklebt, sondern auch mit "Haifisch-Haut", um den Luftwiderstand zu senken.

Dabei handelt es sich um eine Schicht, die wie die Haut eines Haies aus kleinen Rillen besteht. Die Technologie schauten Forscher am amerikanischen Langley Research Institute der US-Weltraumbehörde NASA in den frühen 1980er Jahren den Haien ab. Denn diese sogenannten Riblet-Oberflächen können den Reibungswiderstand in der turbulenten Grenzschicht zwischen einem Objekt und Wasser- wie Luftströmungen reduzieren.

Die Technologie wurde eine Zeit in Schwimmanzügen eingesetzt, ist aber inzwischen wie andere Hightech-Materialien in Sport-Wettkämpfen untersagt. Dagegen wird in der Schiff- und Luftfahrt erforscht, wie diese Strukturen den Treibstoffverbrauch senken können.

Die Lufthansa führte schon 2015 diverse Tests durch. Nun folgt ANA, ein weiteres Mitglied der globalen Star Alliance. Die Japaner verwenden eine Polyurethan-Folie des Technologie- und Kamerakonzerns Nikon. Das Unternehmen bietet die Entwicklung und Produktion der Haihaut für verschiedene Anwendungen an. In diesem Fall sind die Rillen 40 Mikrometer tief und jeweils 100 Mikrometer von einander entfernt.

ANA-Präsident Shinichi Inoue schätzte bei der Vorstellung: "Der Treibstoffverbrauch kann um etwa zwei Prozent verbessert werden, wenn 80 Prozent der Oberfläche eines Flugzeugs mit einer gerippten Folie bedeckt sind."

Wenn alle Flugzeuge seiner Flotte damit überzogen werden würden, könnte der Kerosinverbrauch von ANA um 950.000 Tonnen pro Jahr und die Kohlendioxid-Emissionen um 300.000 Tonnen gesenkt werden, rechnete er vor.

Post aus Japan

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Allerdings werden im ersten Schritt nur kleine Flächen des Flugzeugs beklebt. Denn zunächst wollen ANA und Nikon ihre Haltbarkeit überprüfen. Bewährt sich das Konzept, könnte es laut Nikon innerhalb von drei Jahren praktisch eingesetzt werden. Das Unternehmen untersucht zudem Möglichkeiten, Flugzeugoberflächen direkt zu behandeln.

In der Premium Economy und Business Class setzt ANA zudem eine weitere Idee zur Klimaschonung ein: wiederverwendbare Kopfstützenbezüge aus Kunstleder. Bei dem Produkt Ringo-Tex handelt es sich um veganes Kunstleder, das aus Apfelresten hergestellt wird.

Entwickelt wurde dieses Produkt von dem japanischen Start-up appcycle. Das Unternehmen stammt aus der nordjapanischen Präfektur Aomori, die eines der wichtigsten Apfelanbaugebiet des Landes ist. Die Gründer wollten eine Verwendung für Apfeltrester finden, der bei der Herstellung von Apfelsaft anfällt.

Daneben kommt auch ein Produkt von Toray zum Einsatz. Das Unternehmen ist als Lieferant von Kohlefasern für den Flugzeugbau bekannt, aber es bietet auch das Kunstleder "Ultrasuede nu" an, das aus Pflanzen gewonnen wird, in Torays Fall vor allem aus Mais und Zuckerrohr.

Darüber hinaus werden die Fluggäste des Green Jet in eine Mischung aus blauer und grüner Deckenbeleuchtung sowie "heilende Musik" gehüllt. Damit sollen die Kunden sich auch über den Wolken naturnah fühlen, merkt ANA an. Aber das hat nichts mehr mit der möglichen Reduzierung von Kohlendioxid-Emissionen zu tun, sondern mit Marketing.

(jle)