Medizinischer Einsatz: Wie MDMA bei psychischen Leiden helfen könnte

Seite 2: "Dann kommt ein Therapeut mit einer Pille zurück"

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Erzählen Sie mir, wie die Sitzungen abliefen.

Wenn man im Versuchszentrum ankommt, sieht es wirklich nur wie ein Bürogebäude aus. Von außen erkannt man nicht, dass da drinnen ein Haufen Leute MDMA nehmen. Man geht hindurch und wird in den Behandlungsraum geführt, der mit einer Couch, Bettzeug, Decken und einem Kissen ausgestattet ist. Es läuft Musik, und das ist ein wesentlicher Bestandteil der ganzen Erfahrung. Es ist sehr beruhigend. Man fühlt sich fast wie in einem Spa. Es kommt viel Sonnenlicht herein, durch das Fenster kann man Bäume und einen Wasserlauf sehen. Es ist sehr friedlich. Dann kommen die beiden Therapeuten herein, prüfen die Vitalwerte – Temperatur, Blutdruck, Herzfrequenz und so weiter. Sie sprechen ein wenig mit einem darüber, was man sich von der heutigen Erfahrung erhofft. Und dann wird eine kleine Zeremonie oder ein Ritual durchgeführt, bei dem eine Kerze angezündet wird, um zu signalisieren, dass die Behandlung beginnt. Es fühlt sich fast ein bisschen wie eine religiöse oder spirituelle Erfahrung an. Sie zünden also die Kerze an, dann kommt einer der Therapeuten mit einer kleinen Schale mit einer Pille darauf zurück. Man trinkt einen Schluck Wasser und schluckt die Pille. Und dann sitzt man einfach da und wartet. Während man wartet, unterhält man sich.

Man weiß dabei nicht, was passiert und ob man wirklich etwas bekommen hat. Ich hatte so etwas noch nie genommen und war ehrlich gesagt ein bisschen nervös. Sie sagen einem nicht, ob man das MDMA hatte oder das Placebo, aber der Cheftherapeut sagte mir, dass so ziemlich jeder das mitbekommen. Kaum hatte ich gesagt, dass ich nicht glaube, es genommen zu haben, ging es auch schon los. Ich wusste es einfach.

Ich weiß noch, wie ich ins Bad ging, in den Spiegel schaute und sah, dass meine Pupillen wie Untertassen aussahen. Ich dachte: "Wow, okay." Es fühlte sich erstaunlich beruhigend an. Mein Geist schien sich einfach zu öffnen und klar zu sein. Man hatte mir vorher gesagt, dass es in Wellen kommen würde, das tat es auch. Ich beschloss, mich hinzulegen und mir eine Maske über die Augen zu ziehen, um das Licht auszublenden und einfach nur der Musik zuzuhören. Ich hatte Kopfhörer, die ich aufsetzen konnte, wenn ich alles ausblenden wollte. Mein Verstand erforschte aber alles. Und dann, als ich dazu bereit war, unterhielt ich mich mit den Therapeuten.

Ich konnte die traumatische Erfahrung fast noch einmal durchleben. Ohne das ganze Stigma, den Druck und die Emotionen. Man konnte sich fast zurücklehnen und es analysieren, wie man es bei einem Film tun würde, indem man sich nur die Soundeffekte, die Beleuchtung oder das Make-up ansieht. Ich kam zu einer Art Verständnis für die Sache, zu einer Erkenntnis, und ich konnte etwas von dieser ganzen Schwere loslassen. Ich wechselte zwischen introspektiven und externalisierten Phasen, in denen ich entweder mit den Therapeuten sprach oder mich einfach mit meiner Maske und den Kopfhörern entspannte. Etwas später am Tag gaben sie mir eine weitere Dosis, etwas weniger davon, nur um die Erfahrung zu verlängern. Als ich wieder zu mir kam, erklärten sie mir den ganzen Prozess.

Meine Frau kam dann, um mich abzuholen. Sie sagte, dass sie sofort einen Unterschied gesehen hat. Ich schien sofort viel ruhiger zu sein. Man macht drei dieser eintägigen Sitzungen und kommt dann zu ein paar so genannten Konsolidierungssitzungen zurück, in denen man alles, was man gelernt hat, zusammenträgt.

Wie fühlen Sie sich jetzt?

Ich fühle mich großartig. Der Prozess hat mein Leben dramatisch verändert. Ich fühle mich lebendig. Ich weiß jetzt, was Freude ist. Ich schwebe nicht mehr auf einer Wolke der Trauer – ich bin nicht mehr traurig. Und wenn ich mich jetzt niedergeschlagen fühle, fühlt sich das nicht wie das Ende der Welt oder wie ein Zustand an, in dem ich feststecke. Ich weiß, dass es einfach nur ein beschissener Tag ist, den alle mal haben. Früher war ich ständig gestresst und hatte das Gefühl, dass nie etwas Gutes passiert. Jetzt kann ich das Gute genießen. Meine Frau, meine beiden Töchter, meine ganze Familie und meine Freunde – ich genieße ihre Gesellschaft jetzt so viel mehr, weil ich weniger mit mir selbst beschäftigt bin. Auch mein Verhältnis zu meinen Eltern hat sich enorm verbessert.

Ich bin jetzt 43 Jahre alt. Ich war vier, als mir dieses traumatische Erlebnis widerfuhr. Es hatte einen lebenslangen und tiefgreifenden Einfluss auf mich, in einer Weise, die ich jetzt erst verstehe. Es hat meine Sicht auf die Welt verändert. Und was ich jetzt zu lernen beginne, ist, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem, wer ich wirklich bin, und dem, was ich aufgrund der Auswirkungen des Traumas bin. Es gibt diesen Kern meines Selbst, der schon immer existierte. Es war schwer für mich, die Höhen und Tiefen meines Lebens nicht mit dem zu verwechseln, was ich eigentlich bin. Das hat sich jetzt geändert. Ich greife auf mein vierjähriges Ich zurück und sehe das Leben als etwas an, das man ergreifen und schätzen muss, anstatt es nur zu ertragen.

Was würden Sie Menschen sagen, die eine MDMA-Therapie in Erwägung ziehen?

Das Verfahren kann gar nicht früh genug legalisiert werden, vor allem bei der derzeitigen Lage des Planeten. Es gibt viele Menschen da draußen, die leiden und nach Trost oder einfach nach irgendeiner Art von Erleichterung suchen. Aber es geht nicht nur darum, Drogen zu nehmen. Ich will den Konsum davon in der Freizeit weder gutheißen noch verurteilen, aber wenn du denkst: "Ich gehe zum Burning Man und heile meine Depressionen, indem ich mir etwas Molly [Slang für MDMA, Anm. d. Red.] besorge", dann wirst Du vielleicht enttäuscht sein. Du brauchst die richtigen Leute, die Dich begleiten und Dir helfen, Dich sicher und stark zu fühlen. Es ist großartig, aber man muss es richtig machen.

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(bsc)