Meinung: Steile Lernkurve bei der Offshore-Windenergie

Ab 2025 sollen Offshore-Windparks ohne jeden Cent Einspeisevergütung laufen. Werden Erneuerbare Energien nun zum Selbstläufer? Ein Kommentar von TR-Redakteur Gregor Honsel.

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Genau 0,0 Cent pro Kilowattstunde – so viel Einspeisevergütung wollen drei Betreiber von Offshore-Windparks für ihren Strom künftig haben. Damit erhielten sie den Zuschlag bei der ersten Ausschreibung für Offshore-Windkraft für insgesamt 1380 Megawatt. Weitere 110 Megawatt gingen für 6 Cent pro Kilowattstunde weg. Das macht im Schnitt eine Einspeisevergütung von 0,44 Cent – also fast nichts.

Damit ist die einst als zu teuer gescholtene Windkraft auf See plötzlich die günstigste erneuerbare Energiequelle überhaupt. Photovoltaik-Freiflächenanlagen bekamen im Februar bei einer Auktion über 200 Megawatt den Zuschlag für durchschnittlich 6,58 ct/kWh. Für Windkraft an Land gibt es nach dem alten EEG rund 8,5 Cent. Es wird spannend zu erfahren, ob die erste Ausschreibung für 800 Megawatt Onshore-Leistung den Wert der Offshore-Kollegen noch unterbieten wird. Die Auktion endet am 1. Mai.

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Die Lernkurve bei der Offshore-Windenergie scheint also steiler zu sein als gedacht. Das hat auch die Bundesnetzagentur überrascht. Sie hatte als Höchstwert – also den Betrag, der maximal gefordert werden darf – noch satte 12 Cent festgelegt. Zum Vergleich: Bei der PV-Auktion lag er mit 8,91 ct/kWh immerhin noch in der ungefähren Nähe des späteren Ergebnisses. Bei der laufenden Onshore-Ausschreibung liegt er bei 7 Cent.

Doch warum bietet man eigentlich bei einer Auktion mit, wenn man ohnehin gar keine Einspeisevergütung haben möchte? Im Fall der Offshore-Windparks ist das klar: "Projekte erhalten mit dem Zuschlag auch einen – vom Stromverbraucher über die Netzentgelte finanzierten – Netzanschluss und die Möglichkeit, ihren Windpark über 25 Jahre zu betreiben", schreibt die Bundesnetzagentur. "Auch darin steckt eine erhebliche Förderung."

Dies war den Betreibern Northern Energy, EnBW und Dong Energy offenbar so wichtig, dass sie um jeden Preis den Zuschlag haben wollten. Zudem haben sie bereits Geld in die Entwicklung der Projekte gesteckt. Und sie hoffen darauf, dass bis zur Inbetriebnahme im Jahr 2025 die Kosten weiter sinken und die Börsenstrompreise steigen werden.

Wird die Einspeisevergütung nun allmählich hinfällig? Eine Studie des Fraunhofer ISI legt das nahe: "Bei ausreichend starkem Wettbewerb und entsprechender Technologiekostenentwicklung können Auktionsergebnisse bei einer Förderhöhe von Null ein Hinweis dafür sein, ab wann keine finanzielle Unterstützung bestimmter Erneuerbarer Energien mehr nötig ist", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Studie war allerdings schon abgeschlossen, bevor das Ergebnis der Offshore-Ausschreibung bekannt wurde.

Ein Selbstläufer sind die Erneuerbaren allerdings noch nicht. Der Bundesverband WindEnergie sieht die Ausschreibungen kritisch: Während sich EEG-Vergütungen an den realen Kosten vergangener Projekte orientierten, sei die Ausschreibungen vor allem eine Wette auf die Zukunft. Deshalb ließen sich die beiden Zahlen nur schwer miteinander vergleichen. "Die Anbieter stehen offenbar unter einem hohem Erfolgsdruck, den Wegfall atomarer und fossiler Kapazitäten durch Erneuerbare Energien zügig zu kompensieren", schreibt der Verband. "Die Erwartungen insbesondere staatlicher Anteilseigner führen zu einem stark risikoorientierten Verhalten." Sollten sich Bieter dabei verzocken, werden die geplanten Windparks möglicherweise nie gebaut. "Dies würde energiewirtschaftliche Verwerfungen nach sich ziehen", so Verbandspräsident Hermann Albers.

In der Tat ist ein Nachrückverfahren nicht vorgesehen, sollten Betreiber wieder abspringen. Allerdings müssen sie eine Kaution in Höhe von 100 Euro pro geplantem Kilowatt hinterlegen, in diesem Fall also insgesamt 149 Millionen Euro. Dieses Geld würde dann teilweise verfallen – je später der Ausstieg, desto weniger gibt es zurück. Ob die Summe allerdings wirklich ausreicht, Bieter bei der Stange zu halten, werden wir erst in einigen Jahren erfahren. (grh)