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Methan-Ausstoß von Ölquellen signifikant höher als gedacht

Casey Crownhart

(Bild: Joshua Doubek / cc-by-sa-3.0)

Die Produktion von Erdöl hat direkte Klimaeffekte. Methan, ein potenteres Treibhausgas als Kohlendioxid, tritt regelmäßig aus – in enormen Mengen.

Eine der größten Ölförderstätten der USA, die gleichzeitig auch die am stärksten wachsende des Landes ist, stößt weit mehr Methan aus, als bisher angenommen wurde. Es ist zwar allgemein bekannt, dass die Erdöl- und Erdgasförderung eine bedeutende Quelle des starken Treibhausgases ist – doch das tatsächliche Ausmaß wird immer noch unterschätzt.

Methan, das im Gestein eingeschlossen ist, entweicht aus Bohrlöchern und Pipelines – und es kann auch absichtlich durch Entlüftungsmaßnahmen oder das Abfackeln und Verbrennen freigesetzt werden. Messungen im Perm-Becken in New Mexico [1] per Flugzeug ergaben nun, dass dabei deutlich mehr des Klimakillers austritt, als selbst die höchsten Schätzungen bisher vermuten ließen.

Methan ist ein enorm potentes Treibhausgas: Es kommt in der Atmosphäre zwar viel seltener vor als Kohlendioxid und hat eine kürzere Lebensdauer, nachdem es einmal freigesetzt wurde, doch es speichert die Atmosphärenwärme etwa 86 Mal besser. Der neuen Studie zufolge stößt besagter Förderstandort in New Mexico etwa 194 Tonnen des Gases aus – und zwar stündlich. Das entspricht etwa neun Prozent der gesamten Erdgasproduktion des Standorts und liegt damit doppelt so hoch wie bei früheren Schätzungen.

Forscher und Umweltgruppen überwachen das Gebiet, das sich über New Mexico und Texas erstreckt, seit langem, da es als Methan-Hotspot bekannt ist. Frühere Studien, die von der Bodenüberwachung [2] durch Türme bis hin zu Satellitenmessungen [3] reichten, gingen davon aus, dass die Methanemissionen an diesem Standort weniger als 4 Prozent der gesamten Erdgasproduktion im Fördergebiet ausmachen. "Wir waren zunächst von der Größenordnung überrascht", sagt Yuanlei Chen, Doktorandin am Stanford Energy Resources Engineering Programm und eine der Autorinnen der Studie.

Das Flugzeug, das die Messungen durchführte, konnte etwa 100 Mal mehr Austrittsorte abdecken als frühere Bodenuntersuchungen. Beim Überfliegen aktiver Bohrlöcher und Pipelines in der Region New Mexico entdeckte das Flugzeug im Laufe von 15 Monaten 1.985 Methan-Fahnen.

Bei der Untersuchung wurden nicht nur mehr Methanlecks entdeckt als erwartet, sondern auch einige wenige Mega-Emissionsstellen. Gut 5 Prozent der mit dem Flugzeug entdeckten Abgasfahnen waren für mehr als die Hälfte der gemessenen Emissionen verantwortlich.

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Die Ergebnisse untermauern die Forderung nach einer deutlichen Verschärfung der Methanvorschriften [5] für Öl- und Gasproduzenten. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung von 2018 bis 2020 stieg die Ölförderung schnell an – und die Vorschriften in diesem Gebiet waren lockerer als heute. New Mexico hat immerhin kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das das routinemäßige Abfackeln von überschüssigem Erdgas verbietet. Um die Emissionen in anderen ölproduzierenden Staaten wie Texas zu senken, sind noch strengere bundesstaatliche Maßnahmen erforderlich, meint Jon Goldstein, Senior Policy Director bei der Umweltschutzorganisation Environmental Defense Fund.

In jedem Fall zeigen die neuen Ergebnisse, wie umfassende Erhebungen Licht in die Methan-Emissionen bringen könnten, die selbst in großen Öl- und Gasgebieten wie dem Perm-Becken oft nur unzureichend bekannt sind. Ohne deren Erfassung kann der Kampf gegen den Klimawandel nicht gelingen, weil schlicht die korrekten Daten fehlen. Der Mythos vom scheinbar sauberen Erdgas als Brückentechnologie dürfte so weiter erschüttert werden.

Mit der Problematik um die Energiefrage beschäftigt sich auch das Titelthema der aktuellen Ausgabe von MIT Technology Review (im heise shop bestellbar [6] und im Handel erhältlich). Den Text "Wo kommt unsere Energie in Zukunft her?" [7] lesen Sie mit entsprechendem Zugang bei heise select.

(bsc [8])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-6658106

Links in diesem Artikel:
[1] https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.est.1c06458
[2] https://sites.psu.edu/permian/
[3] https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abf4507
[4] https://www.heise.de/tr/
[5] https://insideclimatenews.org/news/25022022/flaring-venting-natural-gas-economics/
[6] https://shop.heise.de/technology-review-03-2022/Print?wt_mc=intern.shop.shop.tr_2203.t1.textlink.textlink
[7] https://www.heise.de/select/tr/2022/3/2206808010504538896
[8] mailto:bsc@heise.de