Wie Zeolithe Methan aus der Luft binden sollen

Die porösen Mineralien nehmen Flüssigkeiten und Gase auf. Daher sind sie inzwischen Hoffnungsträger für zahlreiche Klimalösungen.

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Neu entwickelte Zeolith-Filter könnten etwa in Kuhställen zum Einsatz kommen.

(Bild: Stijn te Strake / Unsplash)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hanns-J. Neubert

Methan (CH4) ist ein gewaltiges Klimaproblem. Seine Treibhauswirkung ist 85 Mal höher als das von Kohlenstoffdioxid (CO2) – über 20 Jahre gerechnet, denn seine Halbwertszeit ist mit 12 bis 14 Jahren recht kurz. Über 100 Jahre gesehen ist sein Klimaeffekt aber immer noch 28 Mal stärker. Würde man also Methan-Emissionen schnell und radikal senken, ließe sich auch die Erderwärmung in nur wenigen Jahren drastisch senken.

Dazu könnte jetzt eine Erfindung der Ingenieurinnen Rebecca Brenneis und Desiree Plata vom MIT zusammen mit zwei weiteren Forschern beitragen. Sie entwickelten nämlich eine besonders preiswerte Methode, um CH4 einzufangen und in CO2 zu überführen, das immerhin nicht ganz so klimaschädlich ist.

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Der Trick: Ein Zeolith, der mit kleinen Mengen Kupfer versetzt wurde und CH4 effektiv bei relativ niedrigen Temperaturen aus durchströmender Luft bindet. Am wirkungsvollsten funktioniert die Methode bei 300 Grad, es klappt aber auch mit geringerer Wärmezufuhr.

Zeolithe sind poröse, kristalline Aluminosilikate deren winzige innere Poren und Kanäle eine riesige Oberfläche bilden. Sie wirkt als Katalysator, an der chemische Reaktionen schnell und energieeffizient ablaufen.

In der Natur kommen Zeolithe reichlich in altem Vulkangestein vor. 60 verschiedene natürliche Arten sind bekannt, aber mehr als 150 weitere Formen haben sich bisher billig herstellen lassen. Seit Jahrzehnten dienen sie als Trocknungsmittel, weil sie sich nach dem Trocknen immer wieder neu mit Wasser aufladen. Als Katzenstreu binden sie Urin und damit stechende Gerüche.

Die porösen Mineralien sind inzwischen Hoffnungsträger für zahlreiche weitere Klimalösungen. So gelang beispielsweise Maciej Bartosiewicz und Moritz Lehmann vom Departement für Umweltwissenschaften der Universität Basel mit der von ihnen realisierten Zeolith-Version die Anreicherung von Methan aus Seen und Feuchtgebieten und deren Trennung von Begleitgasen. Als billige und effektive Alternative zu herkömmlichen, umweltschädlichen CO2-Fängern mit Aminen, das sind Ammoniak-Derivate, erfanden Walter Rosas Arbelaez und seine Kollegen von der Chalmers Universität in Göteborg einen schaumartigen Stoff aus Zeolith Holz-Zellulose. Und am Lehrstuhl für Technische Chemie II der TU München gelang es einer Arbeitsgruppe unter Johannes Lercher mit einer weiteren Zeolith-Art Biomüll in Treibstoff zu verwandeln.

Für die MIT-Wissenschaftler war aber vor allem wichtig, dass sich das Methan innerhalb ihrer Zeolithe auch bei recht geringen Konzentration einfangen lässt. Ein weiterer Vorteil ist, dass gewöhnliche Luft ausreicht, um den im CH4-Molekül eingebauten Kohlenstoff zu oxidieren und mit zwei Sauerstoffatomen zu CO2 zu verbinden.

Jetzt arbeitet Brenneis daran, ihre Zeolith-Filter für den Großeinsatz zu fit zu machen. Das lohnt sich vor allem dort, wo Methan zu gering konzentriert ist, um es als Brennstoff zu nutzen, etwa in Kuhställen oder Bergwerken. Eine Projektförderung dafür ist bereits bewilligt.

"Ein großer Teil des Methans, das in die Atmosphäre gelangt, stammt aus verteilten und diffusen Quellen, so dass wir darüber nachdachten, wie man es aus der Atmosphäre entfernen könnte", sagt Desiree Plata.

Denn obwohl viele Menschen Methan in der Atmosphäre mit Bohrungen und mit dem Fracking von Erdöl und Erdgas in Verbindung bringen, würden diese Quellen nur etwa 18 Prozent der weltweiten Methan-Emissionen ausmachen, so Plata. Der überwiegende Teil stammt aus Brandrodungen, aus der Land- und Viehwirtschaft, dem Kohle- und Erzbergbau, Feuchtgebieten, schmelzenden Permafrostböden und dem Reisanbau.

Wie wichtig es ist, die Methan-Emissionen in den Griff zu bekommen, war auch den USA und der EU klar, als sie im Vorfeld der Glasgower Klimakonferenz im vergangenen Jahr eine globale Methan-Verpflichtung ankündigten, die so genannte Global Methane Pledge. Auf der Grundlage von 2020 sollten diese Emissionen bis 2030 um mindestens 30 Prozent sinken. Die 53 Staaten, die das Versprechen bis zum Ende der Konferenz unterzeichneten, stehen für 30 Prozent der Methan-Emissionen und für 34 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen. Inzwischen dürften aber weitere 25 Staaten hinzu gekommen sein. Doch abgesehen davon hatten bis August letzten Jahres bereits 149 Staaten eigene nationale Methan-Emissionsbeschränkungen in ihre Klimaschutzpläne aufgenommen.

Die klimapolitische Organisation Climate Analytics, zu der IPCC-Autoren, weitere Klimaforscher, Finanzexperten und politische Analysten gehören, ist optimistisch. "Würden sich alle Länder zu dem globalen Methan-Versprechen verpflichten und es auch einhalten, würde allein die Methan-Reduzierung die Emissionslücke bis 2030 um 14 Prozent schließen", heißt es in einer Stellungnahme. Die so genannte Emissionslücke ist die Differenz zwischen dem Stand der globalen Treibhausgasemissionen unter den derzeitigen Zusagen und den Anstrengungen, die für die Einhaltung 1,5 Grad-Grenze im Jahr 2030 nötig sind. Zusammen mit radikalen CH4-Reduktionen könnte es nach ihrer Einschätzung klappen, mit der Erderwärmung tatsächlich unter 1,5 Grad zu bleiben.

(jle)