Der Reboot von Microsoft

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Auch die konkurrierenden mobilen Betriebssysteme wer-den endlich als Startrampe für Microsoft-Produkte genutzt. Mittlerweile läuft die Büro-App Office 365 auch auf iOS und Android. Microsofts digitaler Assistent Cortana soll folgen. Die E-Mail-App von Accompli wurde in Outlook umgetauft und millionenfach von Nutzern auf iPhones und Android-Handys heruntergeladen. So mancher Tester ist der Meinung, dass Outlook aufgrund zusätzlicher Funktionen und einer "coolen Designsprache" Apples eigene E-Mail-Anwendung übertrumpft.

Microsoft hat sich auch Open Source weiter geöffnet. Das einst von Ballmer als "Krebs" verteufelte Linux etwa ist längst Bestandteil der Strategie. Microsoft war schon 2008 klar, dass vor allem Cloud-Angebote für Firmenkunden in weiten Teilen auf Linux beruhen werden. Heute ist Microsoft einer der größten Mitwirkenden bei der Weiterentwicklung des freien Betriebssystems. Selbst eigene Software wie die Entwicklungsumgebung ".Net" veröffentlicht der Konzern mittlerweile als Open Source.

Zudem öffnete Microsoft die eigene Cloud-Plattform Azure für Linux-Anwendungen freier Entwickler. Experten wie Florian Leibert sind begeistert: "Es ist ein fundamentaler Wandel, dass Microsoft Open-Source-Angebote wie Linux derart akzeptiert", sagt der Schweinfurter Mitgründer des Start-ups Mesosphere. Das Unternehmen hat eine Art Betriebssystem für Rechenzentren entwickelt, das verteilte Server wie ein einzelnes Gerät verwalten kann. Zu den Kunden gehören Airbnb und Twitter. "Unsere Software läuft nicht auf Windows, sondern auf Linux, aber sie kann jetzt auch auf der Azure-Plattform genutzt werden", sagt Leibert. Mittlerweile läuft etwa ein Fünftel der Azure-Anwendungen unter Linux.

"Satya macht Dampf", kommentiert auch Aaron Levie, Gründer und CEO des Online-Speicherdienstes Box. Nach Jahren der Misserfolge ist die Skepsis allerdings noch nicht verflogen. "Nadella muss sicherstellen, dass der Wandel tatsächlich fundamental ändert, wie Microsoft Innovationen umsetzt oder Partnerschaften und Open Source angeht."

Wie radikal der Wandel ist, zeigt ein Blick auf Windows 10. Das Update von Windows 7 oder 8.1 ist für Privatanwender und Kleinunternehmen innerhalb des ersten Jahres kostenlos. Der Konzern verzichtet also auf beträchtliche Lizenzeinnahmen, damit möglichst viele der weltweit 1,5 Milliarden Windows-Nutzer auf die neue Version umsteigen. Das Ziel sind eine Milliarde Geräte mit Windows 10 in den nächsten zwei bis drei Jahren. Nadellas Kalkül: Je mehr Anwender Windows 10 nutzen, desto größer die potenzielle Kundschaft für kostenpflichtige Spiele, Office-Versionen und anderer Zusatzprogramme. Und desto attraktiver wird Windows für die Entwickler von Apps, was das gesamte Microsoft-Ökosystem wiederum für Endkunden interessanter macht.

Insbesondere Unternehmen dürfte das bewegen, auf leistungsfähigere kostenpflichtige Windows-Versionen aufzurüsten. Eine Aufwärtsspirale käme in Gang. Viele Analysten sind zuversichtlich, dass die Rechnung aufgeht. "Wenn das neue Modell in Schwung kommt, wird der Markt seine Stärke erkennen", glaubt Todd Lowenstein, Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter Highmark Capital Management, der Microsoft-Aktien besitzt. "Microsoft wird von stabileren Umsatzströmen, geringeren Lieferkosten, weniger Raubkopien und einem viel größeren Marktpotenzial profitieren, da Windows 10 auf allen Gerätekategorien läuft, nicht nur auf PCs." HoloLens mag also lediglich das Symbol des Wandels sein – aber ein durchaus passendes: Microsoft ist wieder drauf und dran, der IT-Welt eine neue Dimension zu öffnen.

(jle)