Mikro-Elektroden erleichtern die Gedankensteuerung von Geräten

Ohne Implantate oder Verkabelung kommt eine neuartige Hirnschnittstelle aus. Damit konnten Versuchspersonen ein virtuelles Spiel spielen, ohne sich zu bewegen.

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Die Mikronadeln der Forscher.

(Bild: Georgia Tech)

Lesezeit: 3 Min.

Um etwa einen Roboterarm mit Gedanken steuern zu können, sind in der Regel Hirnimplantate oder aufwendige Elektrodenkappen nötig. Eine internationale Forschungsgruppe am Georgia Institute of Technology in Atlanta hat nun eine deutlich unkompliziertere Lösung gefunden: Sechs Elektroden, die aus jeweils hundert hauchdünnen Nadeln bestehen.

Jede dieser Nadeln ist 800 Mikrometer lang und an der Basis 350 Mikrometer dick. Anders als die Elektroden klassischer EEG-Hauben benötigen sie kein Gel, um den elektrischen Kontakt zur Hautoberfläche herzustellen, sondern bohren sich direkt in die Haut. „Davon merkt man nichts, weil die Nadeln zu fein sind, um von Nerven erkannt zu werden“, sagte Gruppenleiter Woon-Hong Yeo gegenüber IEEE Spectrum.

Durch die vielen Nadeln ergibt sich eine größere Kontaktoberfläche, was zu einem besseren Signal-Rausch-Verhältnis führt. Trotzdem sind die einzelnen Elektroden mit 36 Quadratmillimetern insgesamt deutlich kleiner als konventionelle EEG-Elektroden mit 100. Dadurch ergibt sich eine bessere räumliche Auflösung. Zudem reagieren die Mikro-Elektroden nach Angaben der Forscher weniger empfindlich auf störende Bewegungen wie Augenblinzeln oder Zähneknirschen, die bisherige Systeme stören können. Am Kopf befestigt werden die Elektroden mit elastischen und leitfähigen Bändern, welche die Daten an ein integriertes Bluetooth-Modul weiterleiten. So entfällt die umständliche Verkabelung.

Im Gegensatz zu medizinischen EEGs geht es bei diesem Ansatz nicht darum, ein möglichst umfassendes Bild von den elektrischen Aktivitäten des Hirns zu erhalten. Es reicht, verschiedene Zustände des Hirns möglichst klar voneinander abzugrenzen. Dazu sollten sich die Probanden drei Bewegungen vorstellen: Das Schließen der linken beziehungsweise rechten Hand sowie das gleichzeitige Auftreten mit beiden Füßen. Zusammen mit einem entspannten Schließen der Augen ergibt das immerhin vier mögliche Befehle. Ein Convolutional Neural Network wurde dann darauf trainiert, die Hirnstrom-Muster zu erkennen, die bei diesen imaginierten Bewegungen auftreten.

Zusätzlich spielten die Forscher den Versuchspersonen mit einer VR-Brille die gefragten Bewegungen auch noch vor – als visuelle Unterstützung für deren Vorstellungskraft. Dies verbesserte die Genauigkeit des Systems deutlich. Mehr als 93 Prozent der vorgestellten Bewegungen konnte das neurale Netzwerk nach Angaben der Forscher korrekt erkennen. Der Effekt hielt auch dann noch an, als die Teilnehmer die VR-Brillen absetzten und sich auf ihre eigene Imagination verlassen mussten.

Auf diese Weise konnten die Probanden ein VR-Spiel spielen, ohne sich zu bewegen. Dabei wurden ihnen auf einem Bildschirm verschiedenfarbige Würfel gezeigt, auf die sie jeweils mit einer virtuellen Bewegung reagieren sollten – bei einem grünen Würfel etwa die linke Hand schließen. Als nächstes möchte das Team die Genauigkeit seines Verfahrens weiter erhöhen und es auf mehr als zehn Befehle ausweiten, sagte Yeo gegenüber IEEE Spectrum. Zudem wartet es auf die Genehmigung, die Versuche mit behinderten Menschen durchführen zu dürfen. So könnten etwa Gelähmte lernen, ihren Rollstuhl mit Gedanken zu steuern.

(grh)