Missing Link: 50 Jahre heitere olympische Spiele – Die Technik

Seite 3: Golym – Betrieb und Wartung

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Golym-Stände gab es nicht nur im Olympiapark, sondern auch am Münchener Hauptbahnhof und am Flughafen, im Tiefgeschoss am Stachus und natürlich im Pressezentrum. Es gab eine Golym-Hotline mit 20 Telefonistinnen und eine Standleitung bis nach Kiel, wo die Segel-Wettbewerbe ausgetragen wurden. Golym wurde im zweiten Rechenzentrum gewartet und betrieben, in dem der eine Rechner ein 4004/45 und der andere ein 4004/46 war: Der 4004/45 wurde noch vom eigentlichen Rechner-Lieferant RCA gebaut (dort Spectra-70 genannt), der 1971 aus der Computerproduktion ausstieg.

Eines der letzten dieser Siemens-Geräte hatte die ostdeutsche Staatssicherheit über Dritte für ihre Schnüffelarbeit gekauft. Der 4004/46 war ein von Siemens in aller Eile entwickelter Klon. Die beiden Rechner steuerten über das Modem Transdata 8331 die 72 rund 10.000 D-Mark teuren Datensichtstationen Transdata 8150 mit 54x20 Zeichen in Vektoranzeige an. Die Infokioske gestatteten es, durch Antippen der Deskriptoren mit dem Lichtgriffel einfache Fragen zu stellen wie die nach einem Olympiasieger im 100-Meter-Lauf, der NICHT US-Amerikaner ODER Brite ist. Die Ausgabe sah dann so aus:

Die Ausgabe einfacher Abfragen.

(Bild: Siemens Historical Institute Berlin mit freundlicher Genehmigung)

Damit waren die Spiele von 1972 die ersten, in denen Journalisten oder auch die Stadionsprecher einen Informationsvorsprung gegenüber den Zuschauern im Stadion, der Schwimmhalle oder an einer Rennstrecke hatten. Glaubt man eine der vielen Geschichten, die sich um Olympia ranken, so war das System ausgelastet, als die völlig unbekannte Ulrike Meyfarth sich die Goldmedaille im Hochsprung holte und den bestehenden Weltrekord egalisierte.

Auch gab es Abfragen, als beim abschließenden Marathon ein unbekannter Läufer mit der Nummer 72 im Stadion auftauchte: Der erste Blitzer der Sportgeschichte klaute dem Sieger Frank Shorter mit der Startnummer 1014 den Sieg. Aber das ist eine andere Geschichte. Sie wird im zweiten Teil des Missing Link erzählt.

Update

Name des Architekten Frei Otto korrigiert.

Technik für Olympia 72 (© Siemens Historical Institute Berlin mit freundlicher Genehmigung)

(bme)