Missing Link: China-Strategie der Bundesregierung – weniger Technikabhängigkeit

Seite 2: Deutschland verliert Technologieführerschaft

Inhaltsverzeichnis

Dabei könnten Instrumente der Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit, strategische Lagerhaltung, Forschung und Entwicklung zur Substitution und verbesserten Kreislaufführung von Rohstoffen sowie Partnerschaften eine Rolle spielen, heißt es. Ziel letzterer sei es, die andere Seite auch dabei zu unterstützen, "mehr Wertschöpfung im eigenen Land zu behalten". Im Ergebnis trage dies "zu einer Diversifizierung unserer Lieferketten, einem partnerschaftlichen Umgang mit Drittstaaten sowie der Stärkung der Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards bei".

Besorgt zeigt sich Berlin auch über die Strategie "Made in China 2025". Darin habe die chinesische Regierung deutlich gemacht, "dass sie globale Markt- und Technologieführerschaft in Sektoren anstrebt, die für Deutschland und die EU sehr wichtig sind". Teils habe man hier lange Zeit auch die Technologieführerschaft innegehabt. Manche Probleme sind indes hausgemacht. So leistete die deutsche Wirtschaft mit dem Segen der Politik etwa Pionierarbeit bei der modernen Solarpanel-Technologie und avancierte um die Jahrtausendwende zum weltweit größten Produzenten. Nachdem chinesische Konkurrenten die deutschen Designs kopierten und den Markt mit billigen Alternativen überschwemmten, gingen viele deutsche Solarmodulhersteller in Konkurs.

"China fördert die technologische Entwicklung mit staatlichen Mitteln", geht die Bundesregierung darauf indirekt mit ein. "Um in diesem Wettbewerb erfolgreich zu sein, hat die EU ihrerseits ihre Vorschriften zum Einsatz staatlicher Mittel für die Entwicklung neuer Technologien überarbeitet." Man werde daher Möglichkeiten im Rahmen der Kriterien der EU-Kommission für die "Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse mit dem Binnenmarkt im Einklang mit unseren Belangen im Bereich der öffentlichen Sicherheit aktiv ausschöpfen".

China sei "ein starker Wettbewerber Europas bei grünen Technologien" und strebe auch hier eine weltweit führende Position an, ist der Strategie zu entnehmen. "Wir stärken Europas Innovationskraft und Produktionskapazitäten auch bei Umwelttechnologien", lautet daher die Ansage. "Gleichzeitig streben wir an, durch Diversifizierung von Bezugsquellen Abhängigkeiten zu verringern." Die unerlässliche internationale Zusammenarbeit beim Klimaschutz dürfe nicht als Druckmittel verwendet werden, um Interessen in anderen Bereichen durchzusetzen. An erster Stelle sei es nötig, "China zu ambitionierteren Zielen bei der Senkung seiner Treibhausgasemissionen zu bewegen".

Um Europas technologische und digitale Souveränität langfristig abzusichern, "investieren wir mehr in Forschung, Entwicklung und Innovation und nutzen Methoden der strategischen Vorausschau, um aufkommende Schlüsseltechnologien frühzeitig zu identifizieren", gelobt die Exekutive. Zur Stärkung der europäischen Wirtschaft im digitalen Bereich setze sich die Bundesregierung beim Chip-Gesetz und der geplanten Verordnung für Künstliche Intelligenz für Rahmenbedingungen ein, die Innovationen fördern.

Der Wettbewerb um Technologieführerschaft "wird auch auf dem Gebiet der Normung und Standardisierung ausgetragen", ist der Regierung nicht entgangen. "China geht hier sehr strategisch vor." Man werde daher "das Engagement deutscher und europäischer Akteure in internationalen Gremien stärken". Durch Kooperation mit China, seine Einbindung in internationale Normungsaktivitäten und frühzeitige Harmonisierung technologischer Konzepte ließen sich Nationalisierungstendenzen in der Normung eindämmen.

Zudem setzt die Bundesregierung darauf, bilaterale Handelskonflikte rasch mithilfe der EU entlang der Vorgaben der Welthandelsorganisation WTO zu lösen. Dabei spiele etwa der transatlantische Handels- und Technologierat mit den USA eine wichtige Rolle, aber auch das Pendant mit Indien und die "Grüne Allianz EU-Japan". In "besonders sensiblen Bereichen" will die Exekutive die Zusammenarbeit mit Wertepartnern stärken, um etwa "dem Missbrauch von Technologien zur Gesichtserkennung für Repression und Überwachung vorzubeugen". Dies trage zugleich zur "gemeinsamen Resilienz in strategisch wichtigen Hochtechnologiebereichen bei". Generell gelte aber auch hier: "Keine Entkopplung von China": "Die Entstehung separater Tech-Sphären ist nicht in unserem Interesse."