Missing Link: Digitale, vernetzte Polizei - Stand der Dinge, Kosten, Datenschutz
Die Zielarchitektur der "Polizei 2020" soll 2030 erreicht werden. Kurz vor der Halbzeit daher ein Blick darauf, wie es um die Digitalisierung der Polizei steht.
"Polizei 2020" – "Polizei 2030?" - etwas Unkerei konnten wir uns nicht verhehlen, als wir vor etwa drei Jahren über das Programm "Polizei 2020" berichteten, mit dem die polizeiliche IT-Architektur harmonisiert und modernisiert werden sollte. Immerhin, die pessimistische Prognose ging auf einen Mitarbeiter der Polizei zurück. Und was soll man sagen: Inzwischen heißt es auch ganz offiziell, dass die "Zielarchitektur" im Jahr 2030 erreicht werden soll.
Von 2016 bis 2030: Jetzt stehen wir also kurz vor der Halbzeit und fragen, wie es aussieht: Wie ist der Stand der Dinge, was kostet das Ganze, und wie steht es eigentlich mit dem Datenschutz?
RĂĽckblick
Zur Erinnerung: Im November 2016 verständigten sich die Innenminister des Bundes und der Länder auf die sogenannte Saarbrücker Agenda zur Modernisierung und Vereinheitlichung der polizeilichen IT-Architektur. Dafür schuf das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI, inzwischen: Bundesministerium des Innern und für Heimat) das Programm "Polizei 2020". Im Januar 2018 veröffentlichte das BMI ein "Whitepaper" zum Programm und legte auf 31 Seiten Situation, Ziele, Nutzen und Risiken dar. Es sah als strategisch-politische Steuerungs- sowie oberste Eskalationsinstanz des Programms einen Bund-Länder-Lenkungsausschuss (BLLA) unter Vorsitz der Leitungsebene des BMI vor, Programmleitung und Gesamtprojektleitung sollten beim BKA liegen.
Im Juli 2019 wurde mit Holger Gadorosi ein externer Berater engagiert. Im Dezember 2019 verständigten sich die Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung auf die Einrichtung eines Polizei-IT-Fonds. Dieser Fonds ist Teil der Finanzierung des Programms durch Bund und Länder. Er hat einen Verwaltungsrat, der den BLLA ablöste und nun das zentrale strategische Entscheidungsgremium im Programm ist. Der Verwaltungsrat setzt sich zusammen aus Vertretern von Bund und Ländern und steht unter Vorsitz der Abteilungsleitungsebene des BMI.
Im Frühjahr 2021 beschloss er, ein schrittweises Programmvorgehen zu etablieren. Im Herbst 2021 wurde die Gesamtprogrammsteuerung des Programms vom BKA zum BMI verlagert und dabei wurde auch die Organisationsstruktur des Programms geändert. Bis Mitte 2023 sollen einheitliche Systeme der polizeilichen Sachbearbeitung bereitgestellt und ein zentrales Datenhaus begonnen werden. Nach und nach soll auf die neuen zentralen Systeme umgestellt werden, bis zur "Zielarchitektur" im Jahr 2030.
Alle deutschen Polizeien sind beteiligt
Am Programm beteiligt sind alle 20 deutschen Polizeien: Bundespolizei (BPOL), Bundeskriminalamt (BKA), Polizei beim Deutschen Bundestag, Zollkriminalamt und die 16 Landespolizeien. Diese 20 Teilnehmer nutzten 400 einzelne Systeme und zum Programm gehören die Umstellung alter und die Schaffung neuer Systeme, und natürlich die Einarbeitung der Polizisten. Inzwischen, so BKA-Präsident Holger Münch im Herbst 2021, werden im Gesamtprogramm 31 Projekte zeitgleich bearbeitet, 15 davon unter der Federführung des BKA und acht unter seiner aktiven Beteiligung.
In der Hauptsache wird das jetzt schon gemeinsam genutzte Verbundsystem Informationssystem Polizei (Inpol) modernisiert. Inpol enthält vor allem Personen- und Sachfahndungsdateien. Die hier hinterlegten Daten stehen allen angeschlossenen Behörden zur Verfügung, nämlich BKA, BPOL, Landespolizeidienststellen und Zollbehörden. Die Modernisierung von Inpol ist noch nicht abgeschlossen, sie "ist Teil des Programms P20 und wird vor dem Hintergrund der Verbundsysteme insgesamt betrachtet und geht im Zielbild 2030 auf", so eine Sprecherin des BMI. So sei Inpol-Fall aktuell noch in Betrieb und umfasse insbesondere diejenigen Deliktsbereiche, deren Umsetzung in PIAV-Operativ noch aussteht.