Missing Link: Eindringliche Warnung vor autonomen Waffen

Seite 2: Düstere Visionen

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Im Koalitionsvertrag wird das Thema aufgegriffen.

Mary Wareham: Ja, und wenn das so beschlossen wird, hilft das. Deutschland hat sich zusammen mit Frankreich bislang allerdings für eine politische Erklärung ausgesprochen, als eine Art Zwischenschritt. Davon halten wir nicht viel, denn das könnte nur zu einer weiteren Verwässerung der Normen führen. Schon jetzt fällt auf, dass überall davon gesprochen wird und die Systeme so beworben werden, dass natürlich der Mensch die Kontrolle behält.

Wer sind die Hardliner, die ein Verbot verhindern wollen?

Mary Wareham: Die USA, England, Russland und einige andere. Sie sagen aber nicht, "kein Verbot", sondern, "wir sind noch nicht so weit, um über ein rechtlich verbindliches Verbot zu sprechen". Die USA und Russland haben sich auch gegen eine politische Erklärung ausgesprochen. Dann müssen wir natürlich fragen, was wollen sie dann überhaupt.

Knapp 25.000 Wissenschaftler haben mittlerweile Erklärungen für ein Verbot unterschrieben und entwerfen Horrorszenarien (wie im Video), sind sie Haupttreiber der Debatte?

Mary Wareham: Das würde ich nicht sagen, auch wenn die Wissenschaftler wichtige Verbündete sind. Sie haben mittlerweile an nationale Regierungen in vielen Ländern geschrieben und sind frustriert, dass die Gespräche so langsam vorangehen. Ihr Motiv ist, sie wollen nicht, dass künstliche Intelligenz durch den Einsatz in solchen Waffensystemen in Misskredit gebracht wird. Das gibt es übrigens auch auf Seiten der Militärs, die KI gerne für die gefährlichen, langweiligen und schmutzigen Jobs einsetzen wollen. Zu den Unterstützern eines Verbots gehören daneben viele andere, Unternehmen, etwa DeepMind, das zu Google gehört, Religionsführer und Juristen.

Wie effektiv kann ein Verbot am Ende sein, wenn die notwendigen Komponenten für jedermann zur Verfügung stehen? Was sollte Akteure, auch nichtstaatliche Gruppen, am Ende davon abhalten, die Komponenten einfach zusammen zu setzen und müssen wir auch darüber nachdenken, wie wir uns gegen autonome Waffensysteme verteidigen?

Mary Wareham: Das ist letztlich der Grund, warum die Robotik-Experten 2009 Alarm geschlagen haben und zu uns kamen, um die Kampagne mit anzustoßen. Sie sahen keine Regeln, die es ihnen verboten hätten, in ihren Laboren tödliche autonome Waffen zusammenzubauen, abgesehen von ihrer eigenen Ethik. Zur Frage, wie effektiv der Bann sein kann: Improvisierte von nicht-staatlichen Akteuren zusammengebaute Landminen gibt es bis heute, trotz Verbot. Aber wir haben keine Massenproduktion und sie werden nicht zu zehntausenden ausgelegt. Den Staaten, die heute gegen ein Verbot autonomer Systeme sind, sage ich immer, wollt ihr lieber in zehn Jahren über einen Nichtverbreitungsvertrag verhandeln als heute über ein Verbot?

Ich dachte mehr an defensive Maßnahmen, über die die Zivilgesellschaft praktisch nachdenkt. Zum Schluss aber noch die Frage, wie lautet ihr Appell an die Münchner Sicherheitskonferenz?

Mary Wareham: Wir wünschen uns, dass Europa eine Führungsrolle übernimmt im Kampf für ein rechtlich verbindliches Verbot. Aktuell steht Europa zwischen den Hardlinern, die jede Regelung ablehnen, und denen, die schon jetzt für ein dezidiertes Verbot sind. In den europäischen Hauptstädten müssen politische Entscheidungen öffentlich diskutiert und gefällt werden. Denn ohne bewegt sich die diplomatische Maschinerie in Genf nicht. (mho)