Missing Link: James Bond und "War Room" - die Welten von Filmarchitekt Ken Adam

Seite 3: Zusammenarbeit mit Stanley Kubrick

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Auf den ersten Bond folgte die Arbeit mit Stanley Kubrick. Hier half es, dass Adam sich mit Flugzeugen auskannte und der Autor der Vorlage selber Bomberpilot war. Das Bomber-Cockpit der damals noch geheimen B-52 geriet so realistisch, dass die USA Untersuchungen wegen Geheimnisverrats einleiten wollten. Zu unrealistisch war das Ende des Klassikers, eine gigantische Tortenschlacht im "War Room", für die 3000 Torten hergestellt wurden. Am Ende strich Kubrick die alberne Szene und ersetzte sie durch das denkwürdige "We'll meet again". Die Realität war eben nicht witzig: Während Dr. Seltsam gedreht wurde, eskalierte die Kubakrise.

Ken Adam, der "Frank Lloyd Wright des Décor Noire", kannte sich in der Architekturgeschichte aus, besonders bei den Bauten und Ideen von Claude-Nicolas Ledoux und Louis Etienne Boullée. In seinem Goldfinger-Design ist das Innere von Fort Knox den Carceri entnommen, die Giovanni Battista Piranesi zeichnete, einem Künstler, den auch Hermann Warm bewunderte, der als Filmarchitekt die Bauten für "Das Cabinet des Dr. Caligari" erschuf. Seinen größten Erfolg erzielte Adams mit einem Monumentalkunstwerk, dem teuersten freistehenden Filmset der Filmgeschichte. Für den Bond-Film "Man lebt nur zweimal" hatte Adam ein Budget von einer Million Pfund und verbaute 700 Tonnen Stahl, 200 Tonnen Gips und 300.000 qm Leinwand zu einem Vulkan, in dem eine 33 Meter hohe Rakete passte. Auch für diesen Film kreierte Ken Adam eine Reihe von Gadgets – und packte einen flugfähigen Hubschrauber namens "Little Nellie" mit VW-Motor dazu, den ein Bond-Fan selbst gebaut hatte. Natürlich bekam der Flieger eine Adam-gerechte Extra-Ausstattung mit Maschinengewehren, Raketenwerfern, Flammenwerfern, Nebelmaschinen und Luftminen.

Als schwierigstes Bauprojekt seiner Filmlaufbahn nannte Adam die Vehikel, die er für den Film "Tschitti Tschitti Bäng Bäng" konstruierte. Sie waren wirklich fahrtüchtig, jedenfalls auf der Erde. Wie üblich übernahm Adam auch in diesem Film die Architektur der Innenräume, während das Äußere von einer anderen Fantasiearchitektur übernommen wurde: Das Schloss des Bösewichtes Baron Bumburst ist Neuschwanstein.

Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass Ken Adam seinen ersten Oscar für sein zweites Filmprojekt mit Stanley Kubrick gewann, als beide am Film "Barry Lyndon" arbeiteten. Adam schuf wunderbare Kulissen, doch für Kubrick musste alles absolut authentisch sein, was Adam "eher als Nachbildung" denn als Kreativität verstand. Dabei waren seine Nachbildungen perfekt, genau wie die Wahl der Requisiten und Drehorte für "King George", für den Adam den zweiten Oscar bekam.

Die richtigen Auszeichnungen folgten später: niemand Geringeres als der Architekt Norman Foster. Die von ihm gestaltete U-Bahn-Station Canary Wharf nimmt gleich mehrere Motive aus Adams Entwürfen auf. Da findet sich im Aufgang eine Anspielung an den Tarantula Room, während der Bahnsteig an die Liparus, den Supertanker des Oberschurken Karl Stromberg in "Der Spion, der mich liebte" erinnert. Doch die größte Hommage steht am Geburtsort von Ken Adam: "Noch im von Foster zum demokratischen Parlament umgebauten Reichstag steckt nicht wenig Ken Adam", schrieb ein Architektur-Kritiker. Das zu entdecken, sei unseren Leserinnen und Lesern überlassen.

(tiw)