Missing Link: Smart City Moskau - WLAN satt, 200 digitale Verwaltungsdienste, 170.000 Kameras

Seite 3: Führend in der Vernetzung

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Ohne einen entsprechenden Breitbandausbau würde die Basis für die schöne neue Dienstewelt Moskaus fehlen, meint Tuzmukhamedow. Die Stadt habe daher auch hier gehörig investiert. Nun sind sämtliche U-Bahnlinien auf 330 Kilometer Länge genauso mit WLAN ausgerüstet wie S-Bahnen, Regionalzüge oder Busse. Ferner sind 15,5 Quadratkilometer Stadtfläche mit über 1100 Hotspots mit kostenlosem drahtlosem Internet abgedeckt. Zum Einloggen müssen sich Nutzer eine SMS mit einem Passwort zuschicken lassen, wobei Touristen oft noch das Nachsehen haben, da das Roaming in diesem Fall nicht immer funktioniert. Da die Zugangspunkte in Kooperation zusammen mit privaten Telekommunikationsfirmen betrieben werden, wird in der Regel ein Werbespot vorgeschaltet.

Mit diesem beachtlichen WLAN-Netz liegt Moskau laut Tuzmukhamedow weltweit an zweiter Stelle hinter Seoul. Die Hotspots würden sehr gut angenommen, in der Metro vor allem auf der Ringbahn: aus den Serverdaten sei erkennbar, dass manche Nutzer vor allem am Abend stundenlang im Kreis führen und offenbar Videos schauten oder mit Verwandten im Ausland skypten. Der Insider vermutet: "Das sind wohl vor allem Usbeken, die in ihren Unterkünften keinen festen Internetanschluss haben."

Insgesamt ist in 81 Prozent des Stadtgebiets Breitband mit mindestens 20 MBit/s verfügbar. 99 Prozent sind mit 4G-Mobifunk versorgt und kommen damit auf mindestens 7 MBit/s, die Tarife gehören mit zu den günstigsten in Europa. 77 Prozent der Moskauer haben ein Smartphone.

U-Bahn in Moskau

(Bild: Evgeni Tcher, gemeinfrei (Creative Commons CC0) )

Für 5G will die Stadt rasch den Weg bereiten, sobald der Standard tatsächlich feststeht. Da treffe es sich gut, meint Tuzmukhamedow, dass ein großes Renovierungsprojekt für Gebäude aus der Stalinzeit anstehe, von dem in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren rund eine Million Einwohner betroffen sei: Bei den Bauplänen sollten bereits Anbringungsmöglichkeiten für 5G-Antennen sowie Ladepunkte für Elektroautos mit berücksichtigt werden.

Ein erstes Test-Netzwerk für die kommende Mobilfunkgeneration wird plangemäß im Technologie-Park Skolkowo am Westrand der Metropole entstehen: eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnete der Präsident des Innovationszentrums, Wiktor Wekselberg, Mitte Oktober gemeinsam mit Geldgebern wie der staatlichen Entwicklungsbank VEB.

E-Mobilität spielt dagegen in Moskau momentan noch keine große Rolle, da Russland über vergleichsweise große eigene Ölreserven verfügt und Benzin nicht sonderlich teuer ist. Es gebe natürlich einige Tesla-Besitzer, ist zu vernehmen, aber der Anteil von Elektrofahrzeugen am großen Verkehrsaufkommen sei insgesamt gering. Nachholbedarf besteht auch noch an technischen Lösungen, um die sich auf den Magistralen zu jeder Tag- und Nachtzeit immer wieder stauenden Autoströme besser zu lenken.

Auf der Aufgabenliste des IT-Referats stehen laut Tuzmukhamedow gerade aber andere Punkte weiter oben wie etwa die Einführung intelligenter Stromzähler ("Smart Meter"). Die Verwaltung wolle zudem nächstes Jahr rechtzeitig zur Fußball-WM einen mit künstlicher Intelligenz angereicherten Chat-Bot starten, demgegenüber Nutzer Wünsche äußern könnten. Ferner solle das dahinterstehende System als Führer durch den verbliebenen Bürokratiedschungel fungieren und etwa auf freie Parkplätze hinweisen. Genereller Ansatz sei es, dass die Bürger immer weniger aktiv Verwaltungsdienste nachfragen müssen, sondern diese ihnen genau zur rechten Zeit bedarfsgerecht angeboten werden. (jk)