Missing Link: Vor 75 Jahren ging ein Krieg zu Ende

Seite 2: Truman ordnete Einsatz der Atombombe an

Inhaltsverzeichnis

Das Hauptanliegen der USA war es jedoch, die Sowjetunion zum Eintritt in den Krieg gegen Japan zu bewegen. Während der Verhandlungen wurde Truman über den erfolgreichen Test der Atombombe informiert und gab von Potsdam aus den Befehl, diese Waffe in Japan einzusetzen. Die positive Nachricht vom Test führte dazu, dass Truman es bei der Westverschiebung Polens zuließ, dass bei der Definition der Oder-Neiße-Linie die Lausitzer Neiße und nicht – wie von Stalin ursprünglich vorgeschlagen – die Glatzer Neiße als Ostgrenze genommen wurde. Dies setzte eine der größten Umsiedelungsaktionen der Nachkriegszeit in Gang. Neben Oberschlesien, Pommern und Ostpreußen musste nun auch Niederschlesien geräumt werden und 3,5 Millionen Deutsche mussten Polen verlassen: Insgesamt wurden 14 Millionen Deutsche umgesiedelt.

Das Hauptanliegen der Sowjetunion war, einen Sicherheitspuffer zwischen dem eigenen Gebiet und Deutschland zu schaffen. Daneben forderte man hohe Reparationszahlungen für das verwüstete Land. Polen wurde um 200 bis 300 Kilometer in den Westen verschoben und verlor dabei die Kresy, die Grenzmark mit Städten wie Wilno und Lwów. Zum Sicherheitspuffer der Sowjetunion gehörten nach Ende der Verhandlungen die Balkanstaaten, Bulgarien, Rumänien, Albanien und Jugoslawien. Nur Griechenland wurde Großbritannien zugeschlagen und die Übernahme von weiten Teilen der Türkei abgelehnt, da sich das Land im Krieg neutral verhalten hatte.

Den eigentlichen Durchbruch schaffte man kurz vor Ende der Konferenz am 29. Juli, als die USA den Vorschlag machten, alle Länder inklusive der Tschechoslowakei und Ungarn als Einflussgebiet der Sowjetunion zu akzeptieren. Im Gegenzug verzichtete die UdSSR darauf, Reparationszahlungen von den westdeutschen Besatzungszonen der Briten, Amerikaner und Franzosen zu fordern.

Im Fall von Großbritannien spielte die Parlamentswahl eine wichtige Rolle, weil vieles liegenblieb, da Churchill abreiste. Als der neue Premier Clement Attlee nach dem fulminanten Sieg der Labour Party am 28. Juli in Potsdam eintraf, waren die meisten Fragen bilateral geklärt worden. Aus den "Großen Drei" waren die "Großen 2 1/2" geworden, wie der Interimsleiter der britischen Delegation sarkastisch schrieb. Immerhin wurde die Reparationsfrage im britischen Sinne geklärt, auf dass jedes Land seine Besatzungszone für Reparationen nutzen konnte.

Offen blieb die Frage, was mit dem britischen Mandat in Palästina geschehen sollte und wie der Iran zwischen den großen Drei aufgeteilt werden sollte. 1947 übergab Großbritannien sein Mandat an die Vereinten Nationen. Für diesen jungen Staatenbund, der auf der Vorkonferenz in Jalta beschlossen wurde, wurde in Potsdam verhandelt, wie die Zulassung weiterer Staaten neben den 51 Gründungsmitliedern geregelt wird. Mit der Unterzeichnung der UN-Charta wurde diese am 28. Oktober 1945 Realität.

Alle drei Siegermächte gingen davon aus, dass nach der Potsdamer Konferenz weitere Konferenzen dieser Art folgen würden, die die Neuordnung der Nachkriegswelt weiter vorantreiben würden. Präsident Truman lud am Ende der Beratungen seine Kollegen Attlee und Stalin nach Washington ein, worauf Stalin antwortete: "So Gott will." Es sollte nicht passieren, eine wirkliche Ordnung wurde nicht geschaffen. Der Journalist Walter Lippmann schrieb1947 über das unbefriedigende Ergebnis der Verhandlungen einen einflussreichen Text, in dem er die kommende Zeit als Beginn eines Kalten Krieges charakterisierte. Entsprechend liest man in Reiseführern über Schloss Cecilienhof, es sei der Ort, an dem der Kalte Krieg begann.

Zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz gibt es in Schloss Cecilienhof eine informative Ausstellung mit dem Bericht einer Zeitzeugin, dem Tagebuch der britischen Sekretärin Joy Milard. Dazu kann man den in Moskau gefertigten mächtigen Tisch sehen, an dem die damals mächtigsten Männer der Welt saßen. Die Ausstellung wirbt mit dem bekannten Foto von Churchill, Truman und Stalin in den Korbstühlen auf der Terrasse des Schlosses -- mit einem alles überstrahlenden Atompilz im Hintergrund. Diese Korbstühle wurden nachgebaut. Besucher der Ausstellung können sich auf ihnen fotografieren lassen und dabei zwei Staatslenker aussuchen, die neben ihnen Platz nehmen sollen. Die Ausstellung ist noch bis zum 1. November geöffnet, Karten müssen coronabedingt vorab online bestellt werden.

(tiw)