Mit fMRI das Böse im Blick

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Dennoch glauben einige Wissenschaftler, dass die Konzentration auf den Mandelkern zu einfach ist. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Amygdala das Hauptproblem ist", erklärt Joshua Greene, Dozent für Psychologie an der Harvard University. Er glaube, dass dieser Bereich zwar betroffen sein dürfte, aber die Bereiche, die bei Psychopathen beschädigt seien, von Patient zu Patient unterschiedlich sein könnten.

Er selbst habe zwar noch keine entsprechenden Personen untersucht, mit fMRI aber Menschen beim Treffen moralischer Entscheidungen zugesehen. Dabei spiele entweder das Gefühlszentrum oder der für Logik zuständige Bereich eine Rolle – je nach Art der Frage.

Natürlich heißt das nicht, dass jeder Mensch mit entsprechenden Gehirnabnormalitäten zum Killer wird. Einige Menschen mit Störungen im limbischen System werden zu Helden – als Feuerwehrmänner, Polizisten oder Kampfpiloten, weil sie eine unterdrückte Angstreaktion zeigen und insgesamt große emotionale Stimuli benötigen. Eine weitere Theorie: Erst andere "Trigger", etwa schwerer Kindesmissbrauch, sind notwendig, um aus Menschen mit unterdrückter Gefühlswelt Killer zu machen.

Außerdem ist nicht jeder Mörder auch ein Psychopath. Thomas Lewis, Psychiater mit viel Erfahrung auf dem Gebiet, der sich außerdem auf die Neurochemie der Depression an der University of California in San Francisco spezialisiert hat, beschreibt eine sehr seltene Situation, in der auch aus Nichtpsychopathen Amokläufer werden.

Diese Personen sind oft stark depressiv, traumatisiert und selbstmordgefährdet – was ererbt, aber auch aufgrund eines Hirntumors ausgelöst worden sein könnte. Eine Krise führt dann dazu, dass sie "ausrasten", viele Menschen töten und sich dann selbst das Leben zu nehmen: "Es ist wie ein Wutanfall – nur eben mit Waffen", erklärt der Forscher.

Die Neurowissenschaft wird erst seit kurzem zum Verständnis solcher anscheinend zufälliger Gewaltakte verwendet. Eine Diagnose oder Vorhersage liegt jedoch noch in weiter Ferne, sollte sie überhaupt möglich sein. Dennoch glauben Forscher an das enorme Potenzial neuer bildgebender Verfahren. "Wir dachten einst, dass Psycho- oder Soziopathen überhaupt nicht zu behandeln ssind", meint Blair, "das könnte sich damit tatsächlich ändern". (bsc)