Mode für Roboter: Neue Branche entsteht in Japan

In Japan entsteht eine neue, sehr spezielle Modeindustrie. Dabei handelt es sich um weit mehr als einen Spleen – wie auch Ideen aus anderen Ländern zeigen.

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Für den Roboter Lovot gibt es ein wachsendes Sortiment an Mini-Pullovern.

(Bild: Lovot)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Der japanische Babyausstatter Lucky Industries hat Roboter als neues Geschäftsfeld entdeckt. Diesen Monat brachte das Unternehmen zusammen mit Sony ein Tragesystem für Sonys Roboterhund Aibo auf den Markt, das wie ein verkleinerter Babytragegurt aussieht. Das Roboterherrchen oder -frauchen legt sich die Gurte um die Schultern und schnallt dann das Hundchen auf den Bauch und kann es dann mühelos mit nach draußen nehmen.

Das ist nicht die einzige Vermenschlichung, die Japaner an Robotern praktizieren. Um die Maschinenwesen beginnt sich, eine kleine Modeindustrie zu entwickeln. Seit 2016 bietet das Start-up Rocket Road unter der Marke "Robo Uni" (Roboteruniform) Kleidung für diverse Maschinenwesen an.

Die Palette reicht von Überzügen für industrielle Roboterarme bis hin zu Kostümen für Softbanks (quasi eingestellten) Partnerroboter Pepper. Dabei geht es nicht nur darum, den Hang vieler Menschen zu befriedigen, Gegenstände, zu denen sie ein emotionales Verhältnis haben zu, aus ihrer Sicht zu verschönern.

Uniformen zeigen den Menschen auch, welche Rolle beispielsweise ein Kommunikationsroboter spielt, meint der Gründer Yukinori Izumi. Wenn ein Wachroboter als Wachmann verkleidet ist, wissen Menschen automatisch, mit wem oder was sie es zu tun haben, so das Konzept.

Der Hersteller des stummelarmigen Partner- und Kommunikationsroboters Lovot bietet ein wachsendes Set an Mini-Pullvern an, was wiederum den Absatz steigern soll. Denn Kleidung ist der einfachste Weg, die heimische Hightech individuell an die eigenen Vorlieben anzupassen. Selbst in eine Hello-Kitty-Figur lässt sich Roboter Lovot so im Pulloverüberziehen verwandeln.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Es ist kein Zufall, dass die Idee der Robotermode besonders in Japan fruchtbaren Boden findet, denn in der ostasiatischen Inselnation verbindet sich die Faszination für Roboter mit einem Glauben an die beseelte Natur. Dabei strahlt Japans einheimische animistische Naturreligion Shinto sogar auf den Buddhismus und den Umgang mit Haustieren wie leblosen Dingen über.

So schmücken viele Gläubige buddhistische Jizo-Statuen mit Kinderlätzchen oder Käppchen, um ihnen Gutes zu tun. Auch belebte Wegbegleiter des Menschen entkommen dem Kleidungszwang nicht: Die japanische Hundemode und -spielzeugindustrie ist deutlich größer als in anderen Ländern.

Zur Roboterkleidung ist es dann nur ein kleiner Schritt, den allerdings längst nicht nur Japaner gehen. Ein Team der New Yorker Cornell-Universität stellte voriges Jahr auf der Konferenz für das Design interaktiver Systeme ihre Studie "What Robots Need From Clothing" vor. In ihr erklärten die Forscher, "dass Roboterkleidung eine unzureichend genutzte Möglichkeit bei der Gestaltung interaktiver Systeme darstellt."

Die Studie griff dabei eine Idee des japanischen Robotermode-Herstellers Izumi auf. "Kleidung kann Robotern dabei helfen, bessere Roboter zu werden", argumentierte das Team. Dadurch könnten sie in neuen oder mehr Umgebungen nützlich sein oder sich besser an bestimmte Kontexte anpassen.

Ein Team der Drexel University in Philadelphia entwickelte Funktionskleidung für den universitätseigenen, aus Korea stammenden Roboter Hubo, die ihn nicht nur schmückte und schützte. Durch den Einbau von Sensoren erhielt die Maschine sogar einen Gefühlssinn. Die Projekt-Beispiele zeigen, dass es nicht nur für uns, sondern auch für die Fähigkeiten der Roboter sinnvoll sein kann, wenn diese Kleidung tragen.

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(jle)