Warum der japanische Robotermarkt die Richtung wechselt
Japan tut sich schwer damit, am Markt für humanoide Roboter zu bestehen. Eine Marktlücke könnte abseits der schlauen menschenähnlichen Helfer liegen.
- Martin Kölling
Tesla-Chef Elon Musk hat der Welt im August einen humanoiden Roboter versprochen. Einen Monat später zeigte das Beispiel eines anderen Vordenkers menschenähnlicher Maschinen, dass Humanoide derzeit eine kurze Lebensspanne haben. Vor sieben Jahren pries Softbank-Gründer Masayoshi Son seinen zweiarmigen Unterhaltungsdroiden Pepper noch als den Start einer Ära, an das die Roboterwelt noch in Jahrhunderten zurückdenken werde. Im September 2021 trug der Chef des weltweit größten Tech-Investors auf seiner Visionsmesse "Softbank World" seine Idee vorerst zu Grabe.
In seiner Videopräsentation stellte Son Pepper ausgeschaltet mit hängendem Kopf vor, ein Symbol für den erneuten Tod des japanischen Traums vom hilfreichen Roboterfreund. Pepper sollte der erste in Großserie produzierte Partnerroboter fürs Büro, den Laden oder das eigene Heim werden. Als Produktionspartner hatte Son sogar den größten Auftragsfertiger der Welt, Taiwans Foxconn, angeworben.
Peppers Fähigkeiten reichten nicht
Doch zuletzt wurde die Produktion vorerst gestoppt, weil nicht nur die Lager voll mit nicht aktivierten Peppers stehen, sondern auch viele Geschäfte, die ihn einsetzen wollten. Denn Pepper konnte weder genug sprechen, um seine Anwender zu begeistern, noch wirklich zur Hand gehen, obwohl er Hände hat. Nur sind die Finger nicht stark genug zum Zupacken, sondern nur zum Gestikulieren.
Musks Roboter soll das zwar ändern und bis zu 20 Kilogramm heben können. Der Tesla-Chef gab sich zuversichtlich, genügend Motor-, Sensor- und Batterietechnik im eigenen Unternehmen zu haben, um bis 2022 einen Prototyp vorzustellen. Allerdings ist selbst dieser Machbarkeitsbeweis bislang nur ein Versprechen Musks.
Tesla Bot (6 Bilder)
(Bild: Tesla)
Bisher ist es noch keinem Hersteller gelungen, die hohen Produktionskosten für die komplexen Maschinen mit Wartungs- und Programmieraufwand sowie ansprechendem Mehrwert für die Nutzer zu einem überlebensfähigen Geschäftsmodell zu verbinden.
Die nächste Welle der Roboter
Doch für den Vormarsch der Maschinen ist dies kein großes Problem. Denn trotz des Etappentods menschenähnlicher Maschinen ist die Bewegung der Automatisierung unseres Lebens weiterhin quicklebendig. Selbst die oft von humanoiden Robotern besessenen japanischen Entwickler steuern nun ihre kreativen Impulse um und schaffen eine Welle simplerer Nutzwert- oder Kommunikationsroboter, die schon jetzt einzelne konkret umrissene Probleme erschwinglich lösen können.
Dabei geht es japanischen Konzernen nicht mehr nur darum, bestehende Geräte wie Klimaanlagen, Kühlschränke oder Klos durch die Aufrüstung mit Sensoren und Programmen in roboterisierte Produkte zu verwandeln. Der Technikkonzern Panasonic beispielsweise verkauft Roboteranzüge an Logistikunternehmen oder probiert einfache Kommunikationshelfer aus.
Damit ist das Unternehmen in Japan kein Einzelfall. Automatisierte Erntehelfer stehen ebenfalls hoch im Kurs wie auch autonome Maschinen für Kleintransporte oder Dienstleistungen innerhalb von Gebäuden. Der Industrieroboter-Hersteller Mitsubishi Electric probiert gleich mehrere Transportroboter aus, die beispielsweise in Krankenhäuser unbeaufsichtigt Fahrstühle nutzen können.
Auch Softbank ist weiterhin aktiv. Die Robotersparte hat nicht nur den Staubsauger "Whiz" im Angebot, sondern auch den fahrenden Serviertisch Servi. Der soll den Transport von Speisen und Geschirr übernehmen, so dass sich das Personal auf den Kundendienst konzentrieren kann. "Das bedeutet auch, dass der Service auch in Spitzenzeiten ohne Qualitätseinbußen konstant erbracht werden kann, was die betriebliche Effizienz und die Qualität des Kundendienstes verbessert", wirbt Softbank Robotics.
Im Gegensatz zu smarten Alleskönnern sind derart eindimensionale Nutzwertroboter offenbar überlebensfähig, wenigstens in Japan, wo Geschäfte verstärkt unter Personalmangel leiden. Japans größte Restaurantkette Skylark will bereits bis März 2022 1.000 seiner Restaurants mit autonomen Serviertischen ausstatten. Denn die zahlen ihren Preis bereits heute mit Profit zurück. Derart "dumme" Geräte dürften daher kurz- und mittelfristig im Markt florieren. Die Vision von humanoiden Robotern muss derweil noch länger auf ihre Verwirklichung warten, auch wenn der Träumer dieses Mal nicht Son, sondern Musk heißt.
(bsc)