Multipath-TCP auf dem Sprung zum Standard

Seite 3: MPTCP-bewusste Middleboxen

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heisenetze: Multipath-TCP ist gezielt so entwickelt worden, dass die notwendigen Signalisierungsinformationen auf ihrem Weg möglichst unbeschadet die Passage durch Middleboxen überleben, gleichwohl ist die Rede von "MPTCP-bewussten Middleboxen". Was ist darunter zu verstehen?

Bonaventure: Die Idee ist, dass man Middleboxen im Netz hat, die Multipath-TCP verstehen und darauf basierend zusätzliche Dienste oder Features bereitstellen. Es gab dazu einige Diskussionen in der IETF und unsere Gruppe hat Mitte Dezember zwei Paper zum Thema auf der ACM CoNEXT'13 Konferenz in Santa Barbara präsentiert.

Eines der vorgestellten Beispiele ist ein Multipath-TCP Protokollkonverter. Das ist eine Middlebox, die auf einer Seite Multipath-TCP mit dem Client spricht, etwa einem Smartphone und zum Server auf der anderen Seite normales TCP verwendet. Mit diesem Protokollkonverter kann man Multipath-TCP auf dem Smartphone aktivieren und für das sogenannte Mobile Data Offloading verwenden, das heisst, wenn gleichzeitig WLAN und 3G (oder 4G alias LTE) verfügbar sind, könnte der Verkehr über das WLAN und den Mobilfunk zum Konverter gehen, wo die Umwandlung in normales TCP stattfindet, um den Webserver zu erreichen, mit dem man interagiert.

Das könnte für Netzbetreiber und Nutzer ein interessanter Ansatz sein, schnell in den Genuss der Vorteile von Multipath-TCP im Zugangsnetz zu kommen und nicht erst warten zu müssen, bis alle Content Distribution Networks und alle Inhalteanbieter ihre Server auf Multipath-TCP umgestellt haben.

heisenetze: Alle Middleboxen nachzurüsten, scheint ein recht schwieriger Prozess zu sein, der lange braucht, um wirksam zu werden.

Bonaventure: Ja, aber diese Middlebox kann neue Dienste anbieten und wir sehen das Interesse bei den Mobilfunkbetreibern. Viele 3G- und 4G-Betreiber möchten Verkehr vom Mobilnetz in WLANs verlagern, die unter ihrer Hoheit stehen. Ein typisches Beispiel in Europa sind die Betreiber, die Fon eingeführt haben, um Millionen von WLAN-Hotspots einzurichten; die können sie nun nutzen, um den Verkehr ihrer Kunden zu verlagern.