Nach Theranos: Diagnose aus Blut per Laser

Krankheitserreger und zugleich das passende Antibiotikum aus einer einzigen Blutprobe ermitteln – und das in nur wenigen Stunden: Wird der Traum nun wahr?

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Iwan Schie, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, kann mit der Plattform RamanCellAssay vom Leibniz-IPHT Tausende biologische Zellen in kürzester Zeit charakterisieren, ohne dass sie vorher markiert werden müssen. , Sven Döring / Agentur Focus / Leibniz-IPHT

Iwan Schie, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, kann mit der Plattform RamanCellAssay vom Leibniz-IPHT Tausende biologische Zellen in kürzester Zeit charakterisieren, ohne dass sie vorher markiert werden müssen.

(Bild: Sven Döring / Agentur Focus / Leibniz-IPHT)

Lesezeit: 11 Min.
Inhaltsverzeichnis

Wie rasant sich eine Infektion zur lebensbedrohlichen Sepsis auswachsen kann, hat Bettina Löffler, die am Uniklinikum Jena die Abteilung Medizinische Mikrobiologie leitet, schon häufiger mitbekommen. Fieber, Schüttelfrost und ein auffallend niedriger Blutdruck zählen zu den ersten Symptomen. Die Immunmaschinerie gerät außer Kontrolle und beginnt, nicht nur die krank machenden Keime, sondern auch körpereigenes Gewebe und Organe zu zerstören. Im Verdachtsfall wird einem Patienten daher sofort Blut abgenommen, dieses zügig ins Sicherheitslabor S2 im Keller der Klinik transportiert und dort in einen Blutkulturschrank zum Bebrüten verfrachtet. Schnelligkeit ist Trumpf. Jede Stunde sinkt die mit im Schnitt 40 Prozent ohnehin schon mäßige Überlebenschance eines Sepsis-Patienten um einige Prozent.

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Doch ist das Blut im Brutschrank angekommen, heißt es erstmal: warten. Lange warten. "Allein das Brüten dauert schon bis zu 24 Stunden", sagt Löffler – weißer Kittel, ernste Miene, die Haare zu einem schnellen Zopf gebunden. "Vor allem in der Intensivmedizin ist das eine lange Zeitspanne, bis wir überhaupt sagen können: Was sind das für Bakterien? Geschweige denn wissen, welche Resistenzen zu beachten sind, also welches Antibiotikum gegen sie wirkt." Dafür werden die Keime isoliert, auf Nährplatten ausgestrichen, nochmals vermehrt, mithilfe eines Massenspektrometers identifiziert und anschließend mit verschiedenen Antibiotika zusammengebracht. Insgesamt dauere der Prozess zwei bis drei Tage. Bis dahin muss ein Breitbandantibiotikum die Bakterien in Schach halten.

Wie gut sich Bakterien auf Nährböden vermehren, ist mit bloßem Auge zu erkennen. Je mehr vorhanden sind, desto einfacher lässt sich der Stamm identifizieren.

(Bild: Uniklinikum Jena)

Ein neues optisches Verfahren könnte diese Zeit dramatisch verkürzen. Es braucht für die Bakterienanalyse und die Suche nach dem passenden Antibiotikum gerade einmal zwei bis dreieinhalb Stunden. Zusammen mit einem kürzeren Anbrüten der Blutprobe, wie es für die neue Methode voraussichtlich ausreichen würde, müssten Ärzte nicht einmal einen halben Tag warten, bis sie das passende, mitunter lebensrettende Antibiotikum verabreichen können.