Neue Fischstäbchen kommen aus dem Bioreaktor

Fischstäbchen fast wie das Original, nur aus dem Labor? Das Start-up Bluu Seafood aus Berlin will das geschafft haben.

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Die "Fish Fingers" aus dem Labor.

(Bild: Bluu Bioscience)

Lesezeit: 3 Min.
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Vegane Lebensmittel liegen im Trend. Kost, die nur aus pflanzlichen Rohstoffen besteht, soll nachhaltiger, gesünder und klimafreundlicher sein, glauben immer mehr Menschen – und sind auch bereit, mehr Geld dafür auf den Tisch zu legen.

Doch viele der aktuell den Markt überschwemmenden Veggie-Nahrungsmittelprodukte versuchen, tierische Lebensmittel mehr schlecht als recht nachzuahmen – sei es veganes "Fleisch", veganer "Käse", vegane "Milch" oder gar vegane "Eier". Um das Geschmackserlebnis zu perfektionieren, bedient sich die Industrie dabei leider oft intensiv aus dem Werkzeugkasten der Lebensmittelchemie.

Gezüchtetes Protein aus dem Labor könnte hier eine Lösung sein. Es entspricht – so zumindest die Vorstellung der Forscher – dem, was man vom echten Tier kennt, nur dass hier eben die gewünschten Muskelzellen in der Petrischale heranwachsen und nicht im Körper eines Lebewesens. Bereits verfügbar sind hier Burger oder Steaks, wenn auch preislich leider nicht ganz billig. Doch was ist mit veganem Fisch? Ein Start-up aus Berlin will hier nun aktiv werden.

Die Firma Bluu Seafood würde gerne verschiedene beliebte Speisefische über Zelllinien nachbauen. Dazu gehören atlantischer Seelachs, Regenbogenforelle, Karpfen und sogar eine eigene Züchtung namens "Nova Bluu". Die ersten drei werden gerne in nicht unumstrittenen Zuchtbetrieben herangezogen, was man, so die Hoffnung, ja doch viel besser im Labor erledigen könnte.

Dieses "Cultivated Seafood" entstand in Zusammenarbeit mit Fraunhofer-Forschern. Firmenchef Dr. Sebastian Rakers war zuvor selbst im Bereich Meeresbiotechnologie und Zelltechnik am Fraunhofer-EMB in Lübeck tätig und beschäftigt sich mit der sogenannten Aquatic Cell Technology bereits seit zehn Jahren. Nun soll die Technik endlich umsetzbar sein.

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Erstes Produkt der 2020 gegründeten Firma, die anfangs Bluu Biosciences hieß, bevor sie sich ganz auf den Fischsektor konzentrierte, sollen Fischstäbchen ("Fish Fingers") sein – außerdem sind kleine "Fish Balls" geplant. Beide Produkte hätten den Vorteil, dass sie im leckeren Teigmantel stecken. Das Produkt selbst ist leider nicht zu 100 Prozent nur Fisch: Neben den im Labor gezogenen und im Bioreaktor weiterwachsenden Fischzellen will man das Produkt noch mit Pflanzenproteinen anreichern. Damit soll gewohnter Geschmack und Konsistenz beim Kochen erhalten werden.

Ganz ohne lebendigen Fisch kommt Bluu Seafood allerdings nicht aus: Um die Zelllinien zu bilden, wird bei den Tieren zunächst eine Biopsie vorgenommen. Diese endet glücklicherweise aber nicht tödlich. Einmal gewonnen, sollen die Zelllinien "unsterblich" sein, weitere Biomasse ist nicht mehr notwendig. Für die Idee hat Bluu Seafood zuletzt 2021 acht Millionen Euro eingeworben – im Vergleich zu Konkurrenten aus den USA, die schon mal 100 Millionen US-Dollar einsammeln, recht wenig. Aktuell arbeitet die Firma an einer Zulassung für ihre Produkte als Lebensmittel. Geplante Märkte sind Europa und die USA, Singapur ist einem Bericht auf dem Portal "Trendingtopics" zufolge als erstes dran.

(bsc)