Kassenloser Supermarkt: Einkaufen ohne Kasse im Test
In Köln gibt es einen Supermarkt, in dem eine KI die Einkäufe überwacht und abrechnet. Funktioniert das? Wir haben den Rewe mit autonomem Check-out ausprobiert.
- Hans Dorsch
Ein bisschen mulmig ist mir schon. Schließlich bin ich gerade mit einer Tasche voller Lebensmittel ohne zu bezahlen aus der Rewe-Filiale am Neumarkt in Köln gelaufen. Aber kaum bin ich draußen, vibriert auch schon mein Telefon, und ich bekomme eine beruhigende Nachricht: "Danke für deinen Einkauf. Wir machen dir jetzt deinen Kassenbon fertig."
Wie das geht? Der Laden ist kein normaler Supermarkt, sondern die erste Rewe-Filiale mit autonomem Check-out. Seit Herbst 2021 ist sie geöffnet und sieht aus wie jeder andere Markt – allerdings mit Kameras an der Decke und Gewichtssensoren in den Regalen. Diese erkennen Produkte, Personen und Interaktionen. Daraus ermitteln sie, wer welche Produkte mitgenommen hat. Das System aus Kameras und KI-basierter Software stammt von Trigo Vision Ltd., einem Start-up aus Israel, an dem Rewe als Investor beteiligt ist.
Kameras folgen auf dem Weg im Supermarkt
Die Filiale ist kein Geistermarkt. Man kann dort ganz normal einkaufen, an einer regulären Kasse oder an einem Selbstscanner zahlen. Ein Mitarbeiter hilft bei Fragen.
Viele Fragen gibt es eigentlich gar nicht: Zum kassenlosen Einkaufen muss ich nur die Pick & Go-App herunterladen und meine persönlichen Daten nebst Kreditkarte angeben. Die App erzeugt dann einen QR-Code, den ich vor den Scanner an der Eingangsschranke halte.
Ab jetzt folgen mir die Kameras auf meinem Weg durch den Laden. Personen werden als schematische Darstellung gespeichert. Dazu, wenn vorhanden, auffällige Merkmale bei Kleidung oder Accessoires, wie Rewe in den FAQ erklärt. Mein Weg durch den Markt wird zudem mit Zeitstempeln festgehalten.
Gleich am Anfang wartet die erste Herausforderung: Brötchen aus der Frischetheke nehmen und eintüten. Ob das System erkennt, welche Brötchen ich nehme und wie viele?
Als Nächstes hole ich zwei Packungen aus der Kühltheke heraus, einmal Bergkäse, einmal Emmentaler, und lege sie in meinen Einkaufskorb. Den hätte ich gar nicht gebraucht. Aber irgendwie schlägt da die Gewohnheit durch. Beim nächsten Mal stecke ich alles gleich in die Tasche.
Ohne das Portemonnaie zu zücken – einfach rausgehen
Beim Eistee für meinen Sohn brauche ich eine Weile. Er ist anspruchsvoll und nimmt nicht jeden. Außerdem muss ich aufpassen, dass nicht etwa Kohlensäure drin ist (doch, das gibt’s). Ich nehme also mehrere Flaschen aus dem Regal, schaue mir die Inhaltsstoffe an und stelle sie wieder zurück. Noch ein paar Nudeln und Gewürze und ich bin fertig. Und jetzt? "Einfach rausgehen", sagt der nette Herr am Ausgang und nickt mir aufmunternd zu.
Fünf Minuten später habe ich meinen Kassenzettel auf dem Telefon. Alle meine Einkäufe wurden korrekt erkannt, sogar die Brötchen. Nur einen Fehler gab es in der Abrechnung: Statt einer Packung Bergkäse und einer Packung Emmentaler wurde zweimal Emmentaler abgerechnet. Vielleicht hätte ich die zwei Packungen nicht mit einer Hand zusammen aus dem Kühlregal holen sollen. Kauft man für weniger als 15 Euro ein, lassen sich solche Fehler direkt über die App reklamieren. Für alles darüber ist der Kundendienst zuständig.
Die FAQ in der App und auf der Website informieren ausführlich darüber, was gespeichert wird und wofür. In der Pressemitteilung versichert Rewe, großen Wert auf den Schutz der Privatsphäre zu legen. Das System verwende keine Gesichtserkennung und speichere keine Daten, die Personen direkt identifizierbar machen. Der Umgang mit den Daten sei zudem von einer externen Kanzlei überprüft worden.
Wenn es nach mir ginge, dürfte mein Supermarkt um die Ecke das System gerne einsetzen. So würde er zu meinem erweiterten Kühlschrank, aus dem ich schnell und einfach holen könnte, was ich gerade brauche.
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(jle)