Neue WLANs: Wie das IEEE die Basis für Wi-Fi 7 und Wi-Fi 8 legt

Der Berufsverband der Ingenieure tüftelt beharrlich an neuen WLAN-basierten Funktechniken. Manches schnappt er von den Mobilfunkern auf, manches verschmäht er.

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WLAN

Über den WLAN-Sicherheitslücke können Hacker verschlüsselt übertragene Informationen ausspionieren oder sogar eigene Datenpakete einschleusen.

(Bild: dpa, Jan Woitas/ZB/dpa)

Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Jennifer Li
Inhaltsverzeichnis

Im Januar 2020 tagte die IEEE-Gruppe 802.11 das letzte Mal in Person. Damals bereitete sie sich vor, ihr dreißigjähriges Bestehen zu feiern und die Gruppe 802 blickte voraus auf ihr vierzigjähriges Bestehen. Seitdem traf man sich wegen der Corona-Virus-Pandemie nur noch elektronisch.

Nach wie vor fremdeln die Arbeitsgruppen mit der neuen Situation. Das liegt unter anderem daran, dass die elektronischen Tagungen die Teilnahme sehr erleichtert haben. Seit 2020 hat sich die Anzahl der Teilnehmer der Arbeitsgruppe 802.11 rasant erhöht. Etlichen Teilnehmern, die für führende Firmen der WLAN-Branche arbeiten, gefällt dieser Zuwachs nicht, weil nun noch mehr Meinungen zu hören, bewerten und gewichten sind. So gibt es nicht wenige Teilnehmer, die lieber heute als morgen wieder Tagungen von Angesicht zu Angesicht durchführen würden. Mindestens die kürzlich gestartete Märztagung bleibt aber elektronisch.

Die Teilnahme an den elektronischen Tagungen war zunächst kostenlos. Ab Juli 2021 erhob die IEEE moderate Teilnahmegebühren von 75 US-Dollar; Frühbucher zahlten 50 US-Dollar. Seit die Hotels, in denen die Tagungen üblicherweise stattfinden, bei Ausfall von Tagungen saftige Stornokosten erheben, schwindet den 802-er Gruppen das finanzielle Fundament. Deshalb kostet die Teilnahme an der März-Tagung so viel wie zuvor die Vororttagungen, nämlich 400 bis 800 US-Dollar. Damit dürfte die Anzahl der Teilnehmer wieder abnehmen.

An der 2018 initiierten WLAN-Spezifikation 802.11be arbeiten nach wie vor die meisten Teilnehmer. 802.11be soll bis zu 30 Gbit/s übertragen und den mit Wi-Fi 6 (IEEE 802.11ax) eingeführten, zentral koordinierten Kanalzugriff weiter verfeinern. Es wird gemunkelt, dass die Wi-Fi Alliance (WFA) ein Zertifizierungsprogramm namens Wi-Fi 7 für 802.11be auflegen will.

Mit ersten Hardware-Implementierungen ist ab 2023 zu rechnen, mit der Wi-Fi-7-Zertifizierung ab 2024 - wenn denn alles nach Plan läuft. Denn 802.11be hat eine ungewöhnliche Entwicklung hinter sich. 2018 konnten sich Mitarbeiter von Intel und Qualcomm nicht mit ihrem Vorschlag durchsetzen, 802.11be gegenüber 802.11ax auf eine Kanalbandbreite von 320 MHz und auf 16 MIMO-Streams zu beschränken. Allein damit hätte 802.11be prinzipiell vier mal höheren Durchsatz liefern können als 802.11ax. Die damals von Intel- und Qualcomm-Mitarbeitern überrumpelten Kollegen von Broadcom und Huawei wollten sich aber die Merkmale der nächsten großen Wi-Fi-Generation nicht von ihren Mitbewerbern diktieren lassen. So wurde die Projektbeschreibung (Project Authorization Request, PAR) wieder für alle Ideen geöffnet. Und derer kamen viele.

Der Ingenieursverband IEEE hat mit WLAN weiterhin großes vor. Dort entwickeln unter anderem Intel-Mitarbeiter Spezifikationen, die die Grundlage für Wi-Fi 7 bilden könnten. In wenigen Jahren sollen damit Übertragungsraten von 30 Gbit/s möglich werden.

(Bild: Intel)

Aus dem Konvolut haben sich einige wichtige Aspekte durchgesetzt. Neben der auf 320 MHz erhöhten Kanalbreite und den auf 16 erhöhten MIMO-Streams, soll 802.11be erstmals Multi-Link-Betrieb (MLO) bringen. Damit können sich die Geräte auf mehreren Funkbändern gleichzeitig mit einer WLAN-Base (Access Point, AP) verbinden. Das kann entweder den Durchsatz verbessern oder die Fehlerrate senken. Zudem sollte damit der Wechsel zwischen zwei Funkbändern glatter ablaufen als bisher.

Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft Verbesserungen des mit 802.11ax eingeführten Orthogonal Frequency-Division Multiple Access (OFDMA). Mittels OFDMA teilt der AP den Funkkanal auf mehrere Resource Units auf, über die mehrere Clients gleichzeitig empfangen oder senden können. Paradoxerweise wurde in 11ax aber nicht spezifiziert, dass ein AP den zentral koordinierten Kanalzugriff für einen einzigen Client einsetzt. Das soll nun 11be bringen und so unter Clients die Häufigkeit von Paketkollisionen beim herkömmlichen Kanalzugriff mindern.

Weil das bis 802.11ac (Wi-Fi 5) ausschließlich verwendete Kanalzugriffsverfahren Enhanced Distributed Channel Access (EDCA) um so inneffizienter wird, je mehr Teilnehmer ein AP versorgt, gehen Wi-Fi 6, Wi-Fi 7 und auch das am Horizont nahende Wi-Fi 8 immer mehr dazu über, EDCA dem AP zu überlassen. Der AP nutzt die mit EDCA gewonnene Sendegelegenheit (Transmission Opportunity, TXOP) entweder, um selbst Daten zu senden, oder um Stationen grünes Licht für die Nutzung der Aufwärtsstrecke zu geben.