Optimierte Vielfalt

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Konkurrenzlos schnell

An diese näher – und zwar sprunghaft statt in kontinuierlicher Weiterentwicklung – heranzukommen, ist das erklärte Ziel von vielen Forschergruppen: "Es gibt Publikationen zu Energiedichten von bis zu 800 Wh/kg. Aber die Lebensdauer liegen in der Regel irgendwo zwischen 5 und 25 Zyklen", sagt Sauer. Unter Batterie-Entwicklern gilt die Faustregel, dass man in einer realen Batterie rund ein Sechstel der theoretisch durch die Elektrochemie des Systems bedingten Obergrenze realisieren kann. Die läge bei Lithiumverbindungen wie Lithiumfluor bei ansehnlichen 6000 Wh/kg. Eine Batterie auf dieser Basis könnte also eine Energiedichte von 1000 Wh/kg erreichen – "nur dass noch keiner die Materialien hat, in denen sie das gasförmige Fluor ohne Korrosionsschäden halten können", wie Sauer anmerkt.

Noch höhere Werte ließen sich theoretisch mit einer rein metallischen Lithium-Elektrode erreichen, doch auch hier gibt es einen Haken: Metallisches Lithium kann besonders in Kontakt mit Wasser eine äußert explosive Mischung bilden. Das kalifornische Unternehmen PolyPlus hat nach eigenen Angaben eine Technologie entwickelt, bei der "das Lithium elektrochemisch aktiv, aber chemisch isoliert" ist, und will auf dieser Basis zunächst Primärbatterien bauen, später aber auch Sekundärsysteme mit Energiedichten von bis zu 4000 Wh/kg. Bisher macht PolyPlus allerdings keine Angaben über den Zeitrahmen oder zu erwartende Kosten.

Sauer kennt noch eine weitere Möglichkeit: "Man kann von Lithium auf Magnesium gehen. Das tauscht statt einem gleich zwei Elektronen aus" – theoretisch würde das die Energiedichte noch einmal verdoppeln. Eine Gruppe um den israelischen Professor Doron Aurbach hat bereits Informationen über einen funktionierenden Prototypen dieser Art veröffentlicht. Dessen Energiedichte lag zwar nur bei 60 Wh/kg – in der Produktion wäre er aber erheblich billiger als Lithium-Ionen-Akkus. Auch der japanische Elektronikkonzern Matsushita hält seit 2004 ein US-Patent für einen Magnesium-Akku.

Ein zumindest für Plug-in-Hybride bestens geeignetes Material glaubt das MIT-Spin-off A123 Systems, das sich zurzeit mit der University of Texas und dem kanadischen Unternehmen Hydro-Quebec einen Rechtsstreit um Patente liefert, bereits gefunden zu haben: Lithiumeisenphosphat. Dessen Kristallstruktur ist sehr stabil – wenn man es als Kathode verwendet, wird deshalb selbst beim versehentlichen Überladen des Akkus kein Sauerstoff und nur eine beschränkte Menge an Lithium frei. Beides senkt die Brandgefahr erheblich. Allerdings ist die Leitfähigkeit von Lithiumeisenphosphat sehr gering. Yet-Ming Chiang und Kollegen stießen im Jahr 2002 jedoch auf eine Methode, mit der sie sich bis zu hundertmillionenfach steigern lässt: Sie produzierten rund 100 Nanometer kleine, mit Kohlenstoff beschichtete Partikel, denen sie winzige Spuren weiterer Metalle zusetzten.

Zwar liefert das Material selbst derart modifiziert nur eine Energiedichte von 90 Wattstunden pro Kilogramm und damit nicht mehr als Nickelmetallhydrid. Aber es hat einen anderen großen Vorteil: Die gespeicherte Energie kann ungekannt schnell abgerufen werden. "Wenn Sie eine Batterie mit zwei Amperestunden haben, bekommen Sie etwa vier Ampere Strom aus jeder Zelle. Mit unserer Technologie können Sie aus einer Zelle mit zwei Amperestunden 200 Ampere Strom ziehen", erklärt A123-Mitgründer Ric Fulop. Dazu komme eine exzellente Haltbarkeit: "Wir haben Tests von nationalen US-Laboratorien, die eine Lebensdauer von über zehn Jahren erwarten lassen."

Die Nano-Akkus würden 7000 Zyklen von Ladung und Entladung überstehen, siebenmal so viele wie herkömmliche Laptop-Batterien. Als ersten Großkunden haben die MIT-Ausgründer Dewalt, einen Hersteller von Elektro-Werkzeugen, gewinnen können. In der nächsten Stufe peilt das Unternehmen die Automobilindustrie an. Als einer von zwei Lieferanten soll A123, in Kooperation mit dem deutschen Autospezialisten Continental AG, den Plug-in-Hybrid Chevrolet Volt von General Motors mit Batterien bestücken, dessen Marktstart für das Jahr 2010 angekündigt ist.